Ein Anhänger am Motorrad – Teil 4

Fast 4 Wochen musste ich auf einen Termin beim TÜV warten, der auch noch über 3 Stunden dauerte. Aber nun ist es geschafft: Ich darf fünfrädrig Motorrad fahren!


Kurzfristige Nacharbeiten

Und dabei wäre der Termin fast noch geplatzt, denn 3 Tage vorher schrieb mir “mein” Prüfer lapidar: “Bitte vergessen Sie nicht die Geschwindigkeitsschilder (60) und das Schild mit der Halteranschrift.” Wie? Was? Geschwindigkeitsschilder? Halteranschrift?

Nach ein paar eiligen Mails stand fest: Der Prüfer besteht darauf, wegen der gekürzten Achse die Höchstgeschwindigkeit des Anhängers auf 60 km/h zu beschränken. Die Folge: Hinten und an den Seiten muss je ein Schild mit 20 cm Durchmesser auf diese Höchstgeschwindigkeit hinweisen. Aber wo soll ich die auf die Schnelle herbekommen?

Ich habe sofort 3 Stück aus Alu bestellt und zum Glück am Donnerstag Nachmittag erhalten. Freitag früh stand der Abnahme-Termin an.

Normalerweise klebt oder schraubt man solche Schilder an die Bordwände. Die habe ich aber nicht. Deshalb habe ich die seitlichen mit Winkeln unterhalb der Plattform angebracht. Das ist nicht wirklich schön, stört aber auch nicht. Und da scharfkantige Teile am Fahrzeug verboten sind (Mindestradius von 2 mm), habe ich noch Kantenschutzband angebracht.

Geschwindigkeitsschilder am Anhänger

Rundrum Geschwindigkeitsschilder, sogar inklusive Kantenschutzband. Was muss, das muss.

Für das Schild hinten fand sich leider kein Platz mehr auf dem Leuchtenträger. Ich habe es deshalb unterhalb davon angebracht. Nur eine provisorische und nicht sehr gute Lösung. Denn so lässt sich der Anhänger nicht mehr aufbocken und das Schild setzt beim Anheben der Deichsel schnell auf. Auch die vorgeschriebene Bodenfreiheit von 15 cm wird nur mit ganz viel gutem Willen eingehalten.

Ich denke, ich werde das Schild nach oben auf die Plattform versetzen. Und zwar klappbar. Dann kann ich es im Normalfall aufrecht fixieren, bei sperriger oder überlanger Beladung aber notfalls umklappen. Und natürlich auch, wenn der Anhänger aufrecht in der Scheune steht.

Anhänger am Gespann

Die Plakette mit der Halteranschrift ist bei Anhängern mit Folgekennzeichens gesetzlich vorgeschrieben. Falls der Hänger mal ohne Kennzeichen an der Straße steht und der Halter ermittelt werden muss. Das halte ich zwar für Unsinn, denn das wird nie vorkommen, aber was soll’s. Ich habe ein kleines Alublech ausgeschnitten, meine Adresse mit Schlagbuchstaben eingeschlagen und es etwas versteckt an der Deichsel festgenietet. Der TÜV-Ingenieur ist zufrieden und micht stört es nicht.


Der große Tag ist da!

Ich hatte den Anhänger schon am Vortag (mehr oder weniger legal) zu mir nach Hause gefahren. Beladen war er auch schon, denn für die Eintragung sollte ein Bremstest mit beladenem Anhänger durchgeführt werden. Ich habe dafür einfach zwei alte Paletten (jeweils ca. 24 kg schwer) festgezurrt. Nochmal prüfen, ob ich auch wirklich alle Papiere dabei habe – Check. Los geht’s!

Eigentlich hatte ich mit dem Prüfer ausgemacht, dass ich eine Personenwaage mitbringe und wir den Hänger vor Ort wiegen. Aber irgendwie hatte ich dabei kein gutes Gefühl. Vor Ort abladen, aufstellen, wiegen, wieder alles beladen etc. Wer weiß, was das für Diskussionen oder Probleme gebracht hätte. Auch wegen des Geschwindigkeitsschildes unten dran. Deshalb bin ich spontan zur Müllverbrennungsanlage gefahren, um dort ein offzielles Wiegeprotokoll anfertigen zu lassen.

Die Dame an der Waage hat etwas irritiert geschaut, als ich den winzigen Hänger daraufgeschoben habe. “Des is ne 50-Tonnen-Waage. Erwartense sich keine Genauigkeit.” Em Ende standen gerundete 60 statt der von mir vorher gemessenen 55 Kilo auf dem Protokoll. Was aber letztlich auch völlig egal ist, denn das Leergewicht interessiert niemanden. Es muss halt nur in den Papieren stehen.


Die Abnahme

Mit Gespann, Anhänger, einem Stapel Papiere und einem Puls von 180 stand ich kurz danach beim TÜV. Eine Stunde vor meinem Termin, sicher ist sicher. 😉

MZ ES 250/2 Lastengespann mit Anhänger

Wir warten auf den Prüfer.

Aber der Prüfer war schon da und es konnte gleich losgehen. Zuerst wurde die Anhängerkupplung begutachtet und für sehr gut befunden. Wahrscheinlich das stabilste Teil am ganzen Motorrad. Um die Stützlast (25 kg) zu prüfen, hat sich der Prüfer kurzerhand auf den Kugelkopf der AHK gestellt, was diese problemlos mitgemacht hat.

Er hat noch einige Fotos gemacht und die neue Fahrzeuglänge gemessen, dann ging es mit dem Anhänger weiter: Lichter prüfen, Maße nehmen, Fotos machen – passt alles. Wir haben auch noch mal über die Schilder gesprochen und er meinte mehrfach überdeutlich, dass er zwar die Höchstgeschwindigkeit in die Papiere eintragen muss, nicht aber die Schilder. Falls die also irgendwann mal verloren gehen … zwinker, zwinker. 😉

Aber wie schon geschrieben, ich werde sie dranlassen. Einerseits aus Sicherheitsgründen, denn auf der Landstraße rechnet man eher nicht mit so langsamen Fahrzeugen und da können die Schilder eine Warnung sein. Andererseits um dem Hintermann zu erklären, warum ich so langsam fahre. Ich könnte schon schneller, ich darf halt nicht.


Der Bremstest

Als nächstes stand der Bremstest an, der mir die größten Sorgen machte. Das Prozedere: Ich sollte insgesamt zwei Vollbremsungen aus mindestens 15 km/h machen. Einmal nur mit der Vorderbremse, einmal nur mit der hinteren und der Beiwagenbremse. Dabei mussten jeweils 2,5 m/s² Verzögerung erreicht werden. Gemessen wurde mit einem Messgerät, das auf dem Anhänger festgeschnallt wurde.

Die vordere Bremse ist erfahrungsgemäß die schwächste am Gespann. Insofern war ich froh, schon beim ersten Versuch 2,7 m/s² zu erreichen. Puh, das war knapp. Hinten war es dann mit 4,1 m/s² deutlich besser. Mit warmen Bremsen wäre sicher noch mehr dringewesen.

Warum die Bremsen überhaupt getrennt gemessen wurden, verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Man bremst immer mit beiden Bremsen. Und beim Auto werden ja auch alle Bremsen gleichzeitig gemessen. Egal, bestanden ist bestanden.


Der Fahrversuch

Dann wollte der Prüfer zu meiner Überraschung noch selbst einen Fahrversuch machen. Aber nicht wie sonst eine kleine Runde auf dem Hof, sondern eine richtig große im Straßenverkehr. Ich konnte ihm nur noch sagen, dass der Lenker bei niedrigem Tempo zum Flattern neigt, da war er auch schon weg. Und kam endlos lange nicht wieder. Ich hatte schon die Sorge, dass er liegengeblieben oder verunfallt war, da kam er mit sehr ernstem Gesicht angeknattert und sagte nur “Anhänger ab!”. Ich habe ihn schnell abgehängt, schon war er wieder weg und ich stand mit dem Anhänger irritiert da. 10 Minuten später kam er wieder, bellte “Anhänger wieder ran” und düste gleich wieder davon. Als er 10 Minuten später wiederkam, fiel mir ein Stein vom Herzen. Denn er hatte ein breites Grinsen im Gesicht und meinte “Naja, meins isses nicht, aber auf jeden Fall ein Erlebnis!”

MZ-Gespann mit Anhänger

Der Grund für die lange Probefahrt mit und ohne Hänger war die genannte Flatterneigung. Er wollte sehen, ob es am Anhänger oder am Motorrad lag. (Es lag am Motorrad.) Er hat den Reibungsdämpfer unterwegs etwas nachgezogen und war dann mit dem Ergebnis zufrieden.


Endlich am Ziel

Danach hieß es Warten. Warten. Warten. Über 1,5 Stunden brauchte der Prüfer für den Papierkram. Und als er endlich fertig war, fiel ihm noch ein Fehler auf und ich musste noch einmal 30 Minuten warten! Aber das war mir egal. Hauptsache, ich darf endlich mit dem Anhänger fahren.

Jetzt muss ich mir nur noch im Bürgerbüro den neuen Fahrzeugschein und eine Betriebserlaubnis erstellen lassen. Fahren darf ich mit den provisorischen Papieren aber schon.


Fazit

Entstanden ist die ganze Idee aus einer Bierlaune. Wirklich sinnvoll oder gar notwendig war das Projekt nicht. Zumal der reale Nutzwert gering ist: Tempo 60 und eine Zuladung von knapp 60 kg sind ein Witz. Zum Vergleich: In den Beiwagen darf ich 120 Kilo laden und erreiche damit legal über 100 km/h. Von meinem Auto gar nicht zu reden, das schafft ein Vielfaches.

Aber das Projekt hat Spaß gemacht, ich habe viel gelernt und habe nun noch mehr Möglichkeiten mit meinem Gespann. Außerdem ist das etwas, was wirklich nicht jeder hat. Allein dafür hat es sich schon gelohnt!

Der Aufwand war aber nicht ohne. Die investierten Stunden habe ich nicht gezählt, es waren einige. Die Ausgaben habe ich mir aber genau notiert: Der Anhänger, das Material und die Fremdleistungen (Schweißen der Achse) haben mich 543,35 Euro gekostet, die Abnahme beim TÜV stolze 322,56 Euro. Dazu kommen noch ca. 25 Euro für die neuen Papiere, so dass mich der ganze Spaß am Ende runde 900 Euro gekostet hat.

Viel Geld für eine Spielerei und fast doppelt so viel wie gedacht. Immerhin gibt es keine Folgekosten, denn der Anhänger ist zulassungsfrei und kostet mich im Unterhalt keinen Cent. Ich würde es wieder tun! 😉


Hier die Links zu den ersten Teilen:

Ein Anhänger am Motorrad – Teil 1: Grundsätzliches zum Thema
Ein Anhänger am Motorrad – Teil 2: Der Anhänger
Ein Anhänger am Motorrad – Teil 3: Die Anhänger-Kupplung

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8 Gedanken zu „Ein Anhänger am Motorrad – Teil 4

  1. Hallo,

    vielen Dank für diesen sehr interessanten Erfahrungsbericht! Ich bin vom Anhänger abgekommen, da die Geschwindigkeitsbegrenzung für Motorräder mit Anhänger immer 60 km/h ist.
    Aber vielleicht lasse ich mich doch noch verlocken ?
    Viel Spaß mit diesem Gespann
    Und allzeit gute Fahrt!
    Gruß
    Jens

  2. Hallo, auch von mir danke! für den schönen Bericht. Ich möchte einen Anhänger für meine NSU 251 OSL oder eine Konsul, die ich grad aufbau.
    Was meinst Du, muss der Hänger gefedert sein? Es werden historische Hänger angeboten, die oft keine Federung haben.
    da ich keinen Seitenwagen habe, hätte ich die Kupplung am Moped gern links seitlich auf Höhe der Achse des Hinterrades und dann eine einseitige, gebogene Deichsel von der linken vorderen Ecke des Hängers zur Kupplung. Da ich keinen SW habe, muss die Kupplung drehbar sein (falls die OSL umfällt). Wenn sich das Projekt verdichtet, werd ich mal eine Zulassungsstelle suchen, die mir sowas abnimmt.

    Gruß, Peter, p.kobras@yahoo.de

    • Hi Peter,
      eine Federung halt ich für nicht nötig. Zumal die Zuladung des Anhängers am Motorrad sehr gering ist. Da wird der Anhänger ohnehin nur sehr selten einfedern, schließlich sind die federnden für viel höhere Zuladungen gedacht.
      Die seitliche AHK sehe ich kritisch, denn da müsste die Deichsel sehr ausladend gebogen sein, um beim Rangieren nicht gegen Kotflügel/Rad zu stoßen. Und wenn sie so lang und gebogen ist, wird sie wahrscheinlich relativ instabil. Da fände ich eine kurze hinter dem Sitz besser.
      Viel Erfolg mit dem Projekt!
      Martin

  3. Eigentlich wollte ich nur etwas über Motorräder und Anhänger schmökern (schmökern = über ein Thema lesen, aber kein wirkliches Interesse so etwas zu besitzen/ haben zu wollen). Dein Blog hat mich aber gefesselt und ich fand es schön zu lesen, welche Erfahrungen, Lösungen usw. Du gemacht/gefunden hast. Tolle, informative Geschichte mit schönen, gut gemachten, detailgetreue Fotos. Hat mir richtig gut gefallen und gelernt habe ich auch noch etwas: die Funktionsweise von Relais ……das habe ich nie verstanden….danke und Gruß aus Emden/Ostfriesland.
    Manfried

  4. Hallo an den Verfasser und
    alle Leser.

    Echt angenehm hier zu lesen .
    Fahre oft dienstlich mit dem MZ-Gespann.
    Also meinen Schülern hinterher.

    Muss euch ja nicht sagen dass das MegaZchön ist:)

    bis denne
    Leo

  5. Schöner Bericht. Ja, das mit den 60 km/h ist doof. Ich habe auf meiner 900 km-Tour mit dem Twizy teilweise einfach aus Zeitgründen (Laden dauert bei dem Ding länger als fahren) auf den kleinen Nebenstraßen regelmäßig nur 60 auf dem Tacho stehen gehabt.

    Das waren aber auch echte Nebenstraßen, ganz ohne Mittelstreifen und so.
    Der Vorteil liegt aber auf der Hand: Man sieht mehr von der Gegend, es entschleunigt und die Straßen hatten teilweise Kurven, für die 60 km/h für normale Autos zu schnell wären. Sehr schön! Die Reifen haben sehr oft gejammert und ich gejubelt.

    Und ich sage jetzt mal: wenn man 70 fährt, sagt die Rennleitung nichts und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man auf den kleineren, normalen Landstraße nicht überholt wird, weil die Leute heute ohnehin Sprit sparen müssen.

    Und selbst wenn man die anderen nervt, Blinker rechts um freie Bahn zu signalisieren wird von den anderen sehr freundlich aufgenommen. Man kann auch mal rechts ranfahren.

    BTW: Auf Landstraßen dürfen Lkw auch nur 60 fahren. Offiziell.

    Wenn man die Strecke gut plant, sind solche Geschwindigkeiten ein echter Gewinn für das Streckenerlebnis.

  6. Ein toller Bericht, ich fahre ein Uralgespann und suche für mein Gespann einen Anhänger. Kann mir jemand einen Tipp geben wo ich einen Anhänger bekommen kann oder welche Anhänger man umbeuen kann? Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar

    • Welche Anhänger du umbauen kannst, und was Du dabei beachten musst, steht doch hier im Artikel. 😉 Welchen Du kaufen kannst, kann ich Dir nicht sagen. Aber in den Niederlanden gibt es 1 oder 2 Hersteller von Motorradanhängern. Musst mal googlen, dann findest Du bestimmt was.

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