Spureinstellung mit Laserpointer

Nicht nur bei älteren Motorrädern ist das Vermessen und Einstellen der Spur ein wichtiges Thema. Leider haben die meisten Motorradfahrer das überhaupt nicht auf dem Schirm. Deshalb zeige ich heute einen kleinen Trick, mit dem man ganz leicht ermittelt, ob die Räder korrekt fluchten, und wie man die Spur präzise einstellen kann.

Räderflucht, Kettenflucht – was ist das überhaupt?

Beim Motorrad ist es wichtig, dass die beiden Räder exakt fluchten, also in einer Ebene stehen und eine gerade Linie bilden. Auf dem folgenden Bild sehen wir ein Motorrad von unten durch eine Glasplatte. (Ich erwarte von meinen Lesern ein bisschen Fantasie. 🙂 ) Hinter- und Vorderrad bilden eine Linie, sie “fluchten”. Diese Linie nennen wir “Spur”. Und diese Spur entspricht bei aufrecht stehendem Motorrad auch exakt seiner Längsachse.

Spur Einstellen am Motorrad

Ein Motorrad von unten betrachtet, links das Hinterrad, rechts das Vorderrad. Beide bilden eine Linie (=Spur).

Wenn die Räder nicht fluchten, merkt man das aber nicht sofort. Ich wage zu behaupten, dass sehr viele Motorräder unterwegs sind, bei denen die Spur nicht stimmt. Denn dadurch, dass das Vorderrad drehbar ist, passt es sich einem gewissen Versatz automatisch an. Die Räder fahren dann nicht auf einer Linie, sondern leicht versetzt in zwei parallelen Spuren. Und die Längsachse des Fahrzeugs ist leicht versetzt, das Motorrad steht bei Geradeausfahrt also schräg. Auf dem Bild ist das natürlich maßlos übertrieben. In der Praxis sind es meist nur Abweichungen von wenigen Millimetern und ohne Messgeräte weder sicht- noch spürbar.

Spur Einstellen am Motorrad

Wenn die Räder nicht fluchten, fahren sie leicht versetzt, bilden also zwei Spuren. Das Motorrad ist dann nicht mehr exakt in Fahrtrichtung ausgerichtet, seine Längsachse ist leicht schräg.

Spürbar wird es höchstens beim Kurvenfahren, weil dann das Vorderrad in Links- oder Rechtskurven unterschiedlich stark einschlägt. Das Motorrad fällt dadurch unterschiedlich leicht in Schräglage. In der Praxis wird man auch das nur selten spüren, weil es von vielen anderen Faktoren überlagert wird. Wenn sich diese Faktoren aber auf einer Seite addieren, kann es durchaus passieren, dass das Motorrad lieber Links- als Rechtskurven fährt.

Richtig problematisch werden kann es beim Bremsen. Ein Motorrad, das leicht schräg fährt, bei dem die Längsachse also nicht exakt in Fahrtrichtung zeigt, neigt natürlich stärker zum Ausbrechen. Bei einer Vollbremsung kann man dann leicht ins Schleudern kommen.

Und natürlich neigt so ein Motorrad auch stärker zu Unruhe im Fahrwerk. Die Folge können Flattern und Lenkerschlagen bei hohen Geschwindigkeiten sein.

Diese Probleme beim Fahren sind aber nicht die einzige Folge. Eine verstellte Spur sorgt für ungleichmäßige Belastungen an fast allen Teilen des Fahrwerks. Das sorgt für höheren Verschleiß an Reifen und Lagern. Auf lange Sicht und bei extremer Abweichung kann sogar der Rahmen Schaden nehmen. Am schlimmsten leidet aber normalerweise die Antriebskette, wenn sie dadurch verspannt wird und seitlichen Kräften ausgesetzt ist. Sie verschleißt dadurch rasend schnell und längt sich innerhalb kürzester Zeit.

Wie kommt es zu einer Spurverstellung?

Prinzipiell können es verschiedene Gründe sein. Wenn zum Beispiel durch einen Unfall der Rahmen oder die Gabel krumm sind. Dann kann man im Normalfall nicht mehr viel tun, außer das defekte Teil auszutauschen.

Oder wenn ein Rad nicht exakt mittig eingespeicht wurde, die Radnabe also zur Felge seitlich versetzt ist. Denkbar wäre auch, dass Distanzstücke auf der Achse an der falschen Stelle montiert wurden und das Rad dadurch zur Seite wandert. Oder wenn bei einem Umbau Fahrwerksteile von einem anderen Motorrad verwendet werden.

Die häufigste Ursache für eine verstellte Spur ist aber (zumindest bei Motorrädern mit Antriebskette) viel banaler: Ein schräg montiertes Hinterrad. Die Achse des Hinterrades lässt sich auf beiden Seiten ein paar cm vor- und zurückbewegen. Dadurch wird die korrekte Kettenspannung eingestellt. Und wenn man dabei nicht ganz exakt arbeitet, steht die Achse am Ende leicht schräg und die Räder fluchten nicht mehr.

Die Ursache dafür ist einfach: Die meisten Schrauber, egal ob Profi oder Hobbybastler, verlassen sich dabei aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit auf Markierungen an der Schwinge oder die Anzahl der Gewindegänge an den Kettenspannern. Hauptsache, die Kettenspannung stimmt wieder (was mitunter schon schwierig genug ist). Dann wird noch mal das Hinterrad durchgedreht, und wenn dabei nichts offensichtlich wackelt oder schleift, dann passt das schon. Eine Abweichung von wenigen Millimetern fällt dabei natürlich nicht auf.

Wie misst man die Spur eines Motorrades?

Wenn es um die Spurmessung und -einstellung eines Motorrades geht, liest man häufig von der berühmten Dachlatte. Diese wird wie ein Lineal ans Hinterrad gelegt und dann misst man, wie groß der Abstand zwischen Latte und Vorderrad ist. Das Gleiche macht man auf der anderen Seite. Ist der Abstand auf beiden Seiten des Vorderrades gleich, stimmt die Spur. (Das mit dem Abstand hat den einfachen Grund, dass Vorderräder meist schmaler sind als Hinterräder.)

Spur Einstellen am Motorrad

Die Dachlatte wird am Hinterrad angelegt und dann der Abstand zwischen Latte und Vorderrad gemessen.

Diese Methode taugt meines Erachtens nur zur groben Orientierung. Erstens, weil Dachlatten nie exakt gerade sind. Einige Millimeter Versatz haben fast alle, manche deutlich mehr. Dazu kommt, dass es schwierig ist, die Dachlatte sauber auszurichten. Eigentlich müsste man die Räder an ihrer breitestens Stelle, also in der Mitte auf Höhe der Achse messen, um die sauberste Messung hinzubekommen. Aber dort ist kein Platz, um sie anzulegen, man muss weiter runter. Je nach Motorrad muss man fast am Boden messen. Dort hat man aber nicht viel Anlagefläche am Reifen und entsprechend viel Spiel. Am Ende ist noch der Hauptständer im Weg und man kann die Latte überhaupt nicht anlegen.

Manch einer verwendet statt der Dachlatte ein Stahlprofil. Vielleicht sogar zwei, direkt von beiden Seiten mit Schaubzwingen an das Hinterrad gedrückt. Das mag schon ein bisschen präziser sein, kann aber auch am Platz scheitern und ist obendrein relativ schwierig zu handhaben.

Es geht besser – mit Laserpointer!

Ich verwende deshalb eine andere Methode, die ich wesentlich präziser und obendrein einfacher finde: Ich nehme einen Laserpointer! Noch eleganter wäre ein Linienlaser, aber ein normaler Laserpointer tut’s auch.

1. Das Motorrad wird gerade hingestellt. Also nicht auf den Seiten-, sondern den Haupt- oder Montageständer. Der Lenker wird möglichst gerade ausgerichtet.

Spurmessung am Motorrad

Der Laserpointer (in meinem Fall ein Kettenfluchttester mit Laser) wird an einem Fotostativ befestigt und ausgerichtet. Man kann ihn natürlich auch an etwas anderem befestigen oder mit der Hand halten.

2. Man stellt sich mit dem Laserpointer hinter das Motorrad und richtet ihn so aus, dass der Laserstrahl den hinteren Reifen an der Seite vorne und hinten streift. Und zwar möglichst weit oben am Reifen. Dabei muss der Laser leicht schräg nach unten gerichtet sein, damit er neben dem Vorderrad auf dem Boden auftrifft. Für die Ausrichtung nehme ich gerne ein Stativ, da das ruhiger steht, als wenn man den Laserpointer mit der Hand hält. Dann muss der Abstand zwischen Reifen und Punkt gemessen werden.

3. Man wiederholt die Prozedur auf der anderen Seite. Ist der Abstand auf beiden Seiten identisch (oder weicht nur 1-2 mm ab), ist alles okay.

Spurmessung am Motorrad

Der Laserstrahl streift das Hinterrad vorne und hinten und trifft dann neben der Aufstandsfläche des Vorderrades auf den Boden. Oder wie hier, auf einen Zollstock.

4. Tut er das nicht, muss man die Spur einstellen. Dafür muss man das Hinterrad lösen und die Achse korrekt ausrichten. (Und dabei natürlich die korrekte Kettenspannung beibehalten!) Danach noch mal mit dem Laserpointer nachmessen und gut.

Die Messprozedur dauert mit etwas Übung keine 5 Minuten, das Einstellen vielleicht 10. Alles in allem also kein großer Aufwand.

Wo wir schon dabei sind: Die Kettenflucht

Wenn die Spur stimmt, sollte eigentlich auch die Kette fluchten. Das kann man bequem mit einem Kettenfluchttester prüfen. Das ist nicht anderes als ein Laserpointer, der an das Kettenblatt gedrückt wird und dessen Laserpunkt man dann die Kette entlangwandern lässt. Ist der Punkt immer an der gleichen Stelle der Kettenglieder, passt es. Wenn nicht, kann das allerdings auch andere Ursachen haben (Kettenblatt schief, Motoraufhängung defekt etc.). In dem Fall also erstmal die möglichen Ursachen eingrenzen, indem noch mal an einer anderen Stelle des Kettenrades gemessen und zur Not auch noch mal die Spur der Räder geprüft wird. Den Kettenfluchttester kann man natürlich auch für die Messung der Spur verwenden!

Kettenfluchttester mit Laserpointer

Ein Kettenfluchttester, mit dem man die korrekte Ausrichtung des Hinterrades innerhalb weniger Sekunden prüfen kann. Das geht natürlich nur bei Motorrädern mit frei zugänglichem Kettenrad. Motorräder mit Kettenkasten lassen sich nur schwer bis gar nicht prüfen.

Niemals auf die Schwinge oder Kettenspanner verlassen!

Wer jetzt alles durchgemessen und eingestellt hat, wird sich vielleicht wundern. Warum war da so eine große Abweichung, wo ich das Hinterrad doch laut Kettenspanner exakt eingestellt hatte?

Kettenspanner Suzuki Bandit 600

Auf diese Skala kann man sich nicht verlassen. Eine Abweichung von einem Strich ist schon fast normal, zumal das Blech mit der Kerbe seitlich mindestens einen Millimeter Spiel hat.

Dazu kann ich nur sagen, dass erstaunlich viele Schwingen, auch die von moderneren Motorrädern, messbar schief sind. Auf herausstehende Gewindelängen oder die Markierungen an der Schwinge oder dem Kettenspanner kann man sich deshalb nie verlassen. An meiner ersten Suzuki Bandit musste ich die Hinterachse so montieren, dass die Markierungen ca. 5 mm versetzt waren, damit die Spur gestimmt hat. Keine Seltenheit, wie mir andere Fahrer bestätigt haben. An meiner Yamaha Diversion hatten die Scheiben mit der Markierung von Haus aus mehrere Millimeter Spiel, taugten also erst gar nicht für die Messung. Und an meinem MZ-Caferacer habe ich an den Kettenspannern einen Unterschied von knapp 8 mm, wenn die Einstellung korrekt ist.

Kettenspanner MZ ES 250/2

Die Kettenspanner der MZ sind etwas rustikaler (und müssten mal geputzt werden). Die Länge des überstehenden Gewindes taugt allenfalls zur Grobeinstellung.

Und so eine Abweichung wirkt sich wirklich spürbar auf das Fahren aus. Am Anfang, als die Kettenspanner gleich stark angezogen waren und das Hinterrad dadurch schief stand, hat die MZ ab 100 km/h extrem geflattert. Ab 80 konnte ich keine Hand mehr vom Lenker nehmen. Mit korrekt eingestellter Spur fährt sie selbst bei 130 Sachen wie auf Schienen (solange der Asphalt gut ist).

Wie oft muss die Spur gemessen bzw. eingestellt werden?

Wenn man die Spur einmal korrekt gemessen und eingestellt hat, reicht das eigentlich. Man muss nur in Zukunft darauf achten, beim Spannen der Kette auf beiden Seiten exakt gleichmäßig zu spannen, damit die Achse nicht wieder schräg steht. Und beim Ausbau des Hinterrades muss man die Kettenspanner fixieren oder markieren, damit man sie nach dem Einbau wieder exakt einstellen kann. Da der Aufwand nicht so groß ist, prüfe ich trotzdem alle paar Jahre mal. Ist ja schnell erledigt.

Meine Empfehlung lautet deshalb: Nehmt Euch doch einfach mal einen Laserpointer und prüft, ob Eure Räder korrekt ausgerichtet sind. Vielleicht erkennt Ihr Eurer Motorrad danach nicht wieder. 😉

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8 Gedanken zu „Spureinstellung mit Laserpointer

  1. Wie sie erwähnen, fällt das nicht sofort auf, wenn die Räder nicht fluchten. Ich habe zum Beispiel nie darauf geachtet, ob die Räder leicht versetzt sind, aber habe seit einigen Wochen bemerkt, dass Linkskurven sehr anstrengend werden. Das mit dem Laserpointer, bzw. Linienlaser ist ein sehr guter Tipp, das werde ich sofort ausprobieren. Vielen Dank für den interessanten Beitrag!

  2. Danke für die Anleitung. Super Idee. Ich habe das heute bei meiner Svartpilen auch gemacht. Versatz war (gemessen mit Zollstock links und rechts am Vorderreifen) gut 5 mm Unterschied. Fand das viel!
    Das Hinterrad zeigte also mehr nach rechts. Konnte man aber auch an den Markierungen an der Schwinge sehen, ist mir da nur nie aufgefallen. Jedoch habe ich während der Fahrt gemerkt, dass das Motorrad nicht ganz gerade laufen zu schien. Jetzt hab ich die Bestätigung. Die nächste Fahrt wird dann zeigen, ob es was brachte. Also, Danke noch mal. 🙂

  3. Hallo, die Idee ist gut aber die Lösung falsch. Ich kann die Spur nicht einstellen durch “ausrichten” der Achse. Damit kann man nur den Winkel verändern (für die Kettenführung wichtig) aber nicht die Position. Dafür müssen die Distanzhülsen geändert werden. Dabei sollte aufgepasst werden das die Kettenradposition nicht verändert wird.
    Die Einstellung ist also nicht mal eben schnell gemacht und schon garnicht für den Leihen.
    Die Idee zum Messen ist okay.
    Viele Grüße aus Berlin

    • Hallo Dirk,
      ich gehe davon aus, dass bei unfallfreien Serienmotorrädern die Distanzstücke von Haus aus passen. Wenn die Spur verstellt ist, dann weil die Hinterradachse nicht gerade sitzt und somit eben nur der Winkel nicht stimmt. Und das lässt sich durchaus “mal eben schnell machen”. Wenn man weiß, wie.
      Klar, wenn Fahrwerkteile aus unterschiedlichen Motorrädern kombiniert werden, Räder außermittig eingespeicht wurden oder Teile massiv verbogen sind, dann muss man etwas gründlicher vorgehen und ggf. passende Teile anfertigen. Aber darum ging es hier nicht. 😉
      Viele Grüße!
      Martin

      • Hallo, es ist leider ein Trugschluss, dass Serienmotorräder ab Werk mit genau ganau fluchtenden Rädern ausgeliefert werden. Die Winkligkeit mag ok sein, aber der Versatz ist es oft nicht. Bei Japanern sind es gerne 5-10 mm Parallelversatz, bei BMW sind es 30-40mm wegen dem außermittig eingespeichten Hinterrad (was wiederum Platz für den Kardanantrieb schafft). Nach Aussage von Suzuki Laux in Triefenstein, die auch umfassende Erfahrungen im Rennbetrieb haben, merken aber auch die professionellen Rennfahrer einen solchen Parallelversatz von 5-10mm nicht. Das haben sie im Versuchen mit verschiedenen Parallelversätzen herausgefunden. Wichtig ist tatsächlich noch die Parallelität der HR Radachse zur Getriebeausgangswelle, sprich die Kettenflucht. Wer sich tiefer mit der Materie beschäftigen möchte dem sei das Buch “The Racing Motorcycle: Volume 3” von John Bradley sehr zu empfehlen. Es ist jeden der 54 Euro absolut wert.

        Gruß,
        Marcus

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