Ich hatte es schon angekündigt: Ich habe meine Bandit verkauft, um mir anschließend eine Bandit zu kaufen. Gleiches Modell, gleiches Baujahr, gleiche Farbe – und doch ganz anders.
Warum?
Ich habe in den letzten zwei Jahren einiges an Zeit und Geld in meine alte Bandit gesteckt. Mit dem Ergebnis, dass aus einem Häufchen Elend ein zuverlässiges Alltagsmoped wurde. Genau richtig als Zweitmotorrad für Langstrecken und schlechtes Wetter. Um daraus mehr zu machen, hätte man aber noch viiiieeel mehr Zeit und Geld investieren müssen. Deutlich mehr als sie wert ist.
Und dann bekam ich ein Angebot: Gleiches Moped, gleiches Baujahr, gleiche Farbe, unverbastelt, technisch und optisch nicht neuwertig aber in wirklich gepflegtem Zustand und mit 35.000 km gerade mal eingefahren. Und preislich für meinen Geschmack sehr fair.
Die Entscheidung für den Wechsel war schnell getroffen, der Verkauf hat dann leider doch etwas gedauert. Einerseits kann ich völlig verstehen, dass ein 21 Jahre altes Moped mit hoher Laufleistung und vielen Vorbesitzern für die meisten Motorradfahrer nicht sehr attraktiv ist. Andererseits hat es mich dann doch schockiert, wie wenig Anfragen ich bekam und vor allem zu welchem Preis ich sie verkaufen “musste”: 700 Euro.
Das muss man sich mal vorstellen! Ein “richtiges”, gut funktionierendes Motorrad mit 78 PS, TÜV und sinnvollem Zubehör. (Und sogar vollgetankt. 😉 ) Und das für 700 Euro. So viel kostet ein Satz Reifen für meinen Renault. Krass.
Egal, Schwamm drüber. Ich denke, der Käufer hat einen guten Kauf gemacht, und ich drücke ihm die Daumen, dass ihm die Bandit noch lange gute Dienste leistet.
Die “neue” Bandit
Die Neue ist im Gegensatz zur Alten “nackig”, hat also keine Frontverkleidung. (Ich habe aber für den Fall der Fälle bereits eine Verkleidung im Regal liegen.) Außerdem ist sie nahezu original. Spiegel, Blinker, Lenker – alles wie am ersten Tag. Und das alleine ist für eine Bandit schon etwas Besonderes. Ich glaube, kaum ein japanisches Modell wurde so konsequent mit Doppelscheinwerfern, Sportauspüffen und eloxierten Motorschrauben verunziert. Von all den armen 1200ern, die der Streetfighter-Welle zum Opfer fielen, ganz zu schweigen. Ich habe mir deshalb vorgenommen, sie so wenig wie möglich umzubauen. Allenfalls einen breiten Superbikelenker werde ich evtl. montieren, denn der bringt deutlich mehr als nur eine hübsche Optik.
Der direkte Vergleich
Gestern habe ich die alte Bandit weggebracht und die neue heimgeholt. Und ich war sehr gespannt, wie der direkte Vergleich ausfallen würde. Zwei nahezu identische Motorräder, die eine mit Heckhöherlegung und Superbikelenker, die andere original. Eine GSF600S mit Verkleidung, eine GSF600N ohne. Einmal mit hoher, einmal mit niedriger Laufleistung.
Das Ergebnis hat mich teilweise überrascht und mir mal wieder gezeigt, wie sehr ich mich von “Äußerlichkeiten” täuschen lasse.
Die Höherlegung hat sich meines Erachtens im Fahrverhalten überhaupt nicht bemerkbar gemacht. Der Superbike-Lenker hingegen sehr: Mit ihm lässt sich deutlich präziser und entspannter lenken. Der kurze Originallenker lässt das Motorrad nervöser wirken. Die fehlende Verkleidung hat sich zumindest bei Landstraßentempo beim Fahrtwind kaum bemerkbar gemacht. Eher im Gegenteil: Der Druck auf den Kopf war trotz MRA Tourenscheibe eher größer. Dafür fühlt sich das ganze Fahrverhalten ohne Verkleidung sehr viel direkter an, viel wendiger und spontaner. Ich vermute, dass das nur Einbildung ist und daran liegt, dass man viel mehr von der Straße sieht.
Ist das wirklich das gleiche Motorrad?
Beeindruckend fand ich den eigentlich identischen Motor. Der “alte” Motor läuft etwas rauher, ist lauter, benötigt eine höhere Leerlaufdrehzahl und braucht beim Kuppeln und Schalten mehr Nachdruck. Der “neue” ist leiser, unauffälliger und überall ein bisschen leichtgängiger. So weit, so wenig überraschend. Ich hatte dadurch aber permanent den Eindruck, dass der neue weniger Leistung hat. Beim Kuppeln dachte ich mehrfach, der Motor wäre ausgegangen. Einfach, weil sich alles so leicht anfühlt und man weniger “spürt”. Der Blick auf den Tacho hat aber gezeigt, dass der Eindruck täuscht: Ich war permanent 10 – 20 km/h schneller! Da sieht man mal, wie sehr unwichtige Kleinigkeiten die Wahrnehmung beeinflussen, während tatsächliche Änderungen am Fahrwerk keinen spürbaren Unterschied machen.
Umso mehr bewundere ich all die Tester und Journalisten, die nach wenigen Kilometern auf einem neuen Motorrad die Unterschiede zum Vorgänger präzise in Worte fassen können und die bei Reifenvergleichstest große Unterschiede in der Fahrbarkeit feststellen – während ich mich auf einem anderen Motorrad wähne, nur weil die Kupplung und der Schalthebel besser flutschen.
(Oder die Tester und Journalisten sind alles nur Wichtigtuer und denken sich das alles nur aus. 😉 )
Moin Martin,
Glückwunsch zur “neuen” Bandit!
Macht nach wie vor immer Spaß von dir zu lesen. Bei den Zeilen “Von all den armen 1200ern, die der Streetfighter-Welle zum Opfer fielen, ganz zu schweigen” musste ich aber schmunzeln, “zerbastelst” du doch gerad eine so seltene GSX40F Katana aufgrund der aktuellen Caferacer-Welle… 😉
Beste Grüße,
Sebastian
Hallo Sebastian! Da hast Du natürlich absolut recht. Dafür verspreche ich hoch und heilig: Wenigstens die Bandit wird nicht “zerbastelt”. 😉