Da ist man einen Moment unvorsichtig, schon hat die tadellose Sitzbank einen großen Riss. Und dann kommt eins zum anderen: Polster gammelig, Grundplatte verrostet … Also bleibt mir nichts anderes übrig, als für meine ES 250/2 eine komplett neue Sitzbank aufzubauen. Und dabei gleich ein paar Verbesserungen einfließen zu lassen.
Wie kann man nur so doof sein?
Angefangen hat es damit, dass ich es mal wieder sehr eilig hatte. Ich wollte ganz schnell das MZ-Gespann in die Garage schieben, bin dabei mit dem Unterlegkeil am Sitz hängen geblieben – RATSCH – schon war die hintere Naht aufgerissen. Und dabei war der Bezug sonst noch in tadellosem Zustand! Riesenmist.
Da ich mit dem Gespann täglich zur Arbeit fahre und es dort auch häufig Regen abbekommt, konnte das natürlich nicht so bleiben. Ich hatte keine Lust, dass sich der Schaumstoff vollsaugt und dann unter dem Bezug weggammelt.
Die Idee, den Bezug zu nähen, hatte ich schnell verworfen. Ob ich das vernünftig und dauerhaft dicht hinbekommen hätte? Fraglich. Und es einen Profi nähen zu lassen, wäre teurer als ein neuer Bezug. Der kostet nämlich nicht mal 25 Euro. Also habe ich mir bei GüSi einen bestellt. 2 Tage später war er da und ich wollte ihn draufziehen.
Sitzbank mit Überraschungen
Tja, und dann ging irgendwie alles schief. Der Sitzbankbezug wird einerseits durch die Aluzierleiste fixiert (bei den späteren Modellen ist diese weggefallen), hauptsächlich aber durch ca. 30 umgebogene Haltebleche. Die brechen beim wiederholten Biegen gerne ab. Am Anfang waren noch alle dran, am Ende waren es 4 weniger. Na toll! Obendrein sind zwei nebeneinander abgebrochen, ganz vorne, wo es nur 4 gibt und keine Zierleiste. Wie sollte ich den neuen Bezug nun festbekommen?
Kaum war der alte Bezug runter, erwartete mich die nächste Überraschung: Der Schaumstoffkern war an der Außenseite stellenweise klitschnass und vergammelt. Außerdem hatte er Risse und bröselte ordentlich. Das war nichts mehr zu retten, ein Fall für die Tonne. 🙁
Aber auch die Grundplatte sah unter dem Bezug nicht so gut aus, wie ich es erwartet hatte. Der umgebogene Rand war auf der Unterseite rundrum sehr rostig. Anscheinend hatte sich Wasser im umgeschlagenen Bezug gesammelt. Und auch oben war ziemlich viel Rost.
Zur Info: Die Sitzbank habe ich vor ca. 8 Jahren restauriert. Das Blech entrostet und lackiert, den Schaumstoff vom Profi aufpolstern und lassen.
Das war alles nicht dramatisch, aber auch nicht schön. Nachdem ich das Blech mit einer Drahtbürste von Schaumstoffresten, Rost und Lack befreit hatte, sah es wieder brauchbar aus. Aber da war ja noch das Problem mit den abgebrochenen Halteblechen.
Um mich nicht in Experimenten zu verlieren, entschied ich mich für die Radikalkur: Zusätzlich zum neuen Bezug bestellte ich noch eine neue Grundplatte, einen neuen Schaumstoffkern sowie die dazugehörigen Gummipuffer. Alles neu macht der Mai März.
Bis das Paket da war, dauerte es ein paar Tage. Deshalb wechsele ich kurz zu einem anderen Thema: Wie kommt man ohne Sitzbank zur Arbeit?
Ich baue mir eine Übergangs-Sitzbank
Ganz einfach: Ich baue mir morgens in 15 Minuten aus ein paar Resten eine Notfall-Sitzbank. 🙂 Von meinem Racer-Umbau lag noch der Sitzbank-Prototyp aus MDF im Regal: Mit dem Fuchsschwanz habe ich ihn ein Stück gekürzt und mit dem Akkuschrauber ein Loch gebohrt, damit ich das Brett auf der Werkzeugfach-Schraube fixieren konnte:
Ein Stück Schaffell-Imitat lag auch noch rum. Das habe ich doppelt genommen und mit zwei Spanngurten draufgeschnallt. Das war erstaunlich bequem und ich bin damit problemlos zur Arbeit gekommen.
Da es vor Ort ein bisschen nach Regen aussah, habe ich noch einen hochwertigen Regenschutz drübergezogen: Plastiktüte und Gepäcknetz. Man muss sich nur zu helfen wissen. 🙂
So, mittlerweile war das Paket angekommen, es konnte mit der richtigen Sitzbank weitergehen:
Es gibt nichts, was man nicht noch verbessern könnte
Bei der bestellten Grundplatte handelt es sich um einen Nachbau der späteren Modelle. Bei denen wurde wie gesagt die Zierleiste wegrationalisiert, entsprechend fehlen auch die Löcher für deren Befestigung. Kein Problem, die kann man nachträglich reinbohren. Wäre nur schade, wenn dabei der Lack abplatzt. Ich habe deshalb nicht die lackierte sondern die verzinkte Version der Grundplatte bestellt. Nach dem Bohren der Löcher habe ich die blanken Stellen mit etwas Zinkspray eingesprüht und dann alles schwarz lackiert. Das hält den Rost hoffentlich für ein paar Jahre fern.
Außerdem habe ich mich gefragt, wie man das Eindringen von Wasser verhindern kann. Die Platte hat außen ca. 30 Löcher, wo die Haltebleche ausgestanzt sind. Außerdem in der Mitte 10 Löcher, damit beim Draufsetzen die Luft entweichen kann. Bei meinen Suzukis gibt es jeweils nur 4 Belüftungslöcher und das reicht auch. Ich habe mich deshalb entschlossen, die äußeren Löcher zu verschließen. Und auch ein paar der inneren, und zwar die drei, die bei meiner Sitzbank verrostet waren. Das Abdichten habe ich ganz unspektakulär von oben mit einem dicken Klebestreifen gemacht. Sollte es wider Erwarten Probleme bei der Entlüftung geben, kann ich das Klebeband einfach von unten durchstechen oder rausschneiden, ohne die Sitzbank zerlegen zu müssen.
Das Sitzpolster habe ich mit ganz wenig Sprühkleber fixiert. Da der Sitzbezug beim Anprobieren sehr sauber und stramm auf dem Polster saß, habe ich diesmal auf eine zusätzliche Lage Schaumstoff verzichtet und den Bezug direkt aufgezogen. Dabei muss man penibel darauf achten, dass er gerade sitzt. Dann zuerst hinten und vorne mit den Haltelaschen fixieren und danach rundrum festklemmen. Damit der frische Lack und der neue Bezug dabei keinen Schaden nehmen, habe ich Zange und Schraubenzieher mit einem Stück Schrumpfschlauch versehen.
Beim Festklemmen immer darauf achten, dass der Bezug gleichmäßig gespannt ist und keine Falten bildet. Zum Schluss kommt noch die Zierleiste ran und der Haltegurt drüber.Sieht gut aus, oder?
Und schon kann die neue Sitzbank montiert werden. Da die beiden Scharniere in Langlöchern befestigt werden, hat man ein bisschen Spiel nach vorne und hinten. Die genaue Position wird durch das Sitzbankschloss vorgegeben. Also die Sitzbank zuerst lose befestigen und das Schloss in die Aufnahme stecken und abschließen. Wenn die Sitzbank zu weit vorne oder hinten sitzt, kann man die Schlossaufnahme vorsichtig (!) ein paar Millimeter in die entsprechende Richtung biegen. Wenn alles korrekt sitzt, kann man die beiden Schrauben an den Scharnieren festziehen.
Insgesamt eine sehr ärgerliche und unnötige Aktion, aber immerhin habe ich jetzt wieder eine schöne neue Sitzbank mit einem nicht durchgesessenen Sitzpolster. Daran muss ich mich erstmal gewöhnen. 🙂
Sehr cool! Und die Notlösung ist sehr erfinderisch!
Ich habe auch eine Sitzbank die ich neu polstern möchte. Dieser Beitrag ist sehr ausführlich und beschreibt die verschiedenen Aspekte hervorragend. Ich werde mit dem Messen anfangen.