Honda CM185T – die fahrende Katastrophe

Die kleine Honda ist ein ziemlicher Griff ins Klo. Ich habe den Kauf schon sehr bereut. Aber vielleicht ist sie gerade deshalb das perfekte Wintermotorrad.

Fast alles an diesem Moped ist Mist. Wirklich. Das Ding ist einfach furchtbar schlecht konstruiert und mein Exemplar hat dazu noch ein paar fürchterliche Macken. Hier die (unvollständige) Liste ihrer Schrecklichkeit:

Die Ergonomie ist furchbar. Mit einer Chopper-Sitzposition könnte ich klarkommen, aber die hat sie ja nicht einmal. Warum befinden sich die Fußrasten direkt unten und nicht leicht nach vorne verlegt? Das ergibt eine Position, die weder sportlich noch entspannt ist, sondern einfach nur unbequem. Außerdem ist der Kniewinkel für einen Menschen mit 1,80m echt spitz und damit auf Dauer auch kaum zu ertragen.

Nicht unbedingt schlimm aber eigenartig: Der Tank ist so schmal und vor allem so niedrig, dass er zwischen den Schienenbeinen sitzt. Wenn ich wollte, könnte ich die Knie darüber zusammendrücken. Wer baut sowas?

Zurück zur Ergonomie: Der Schalthebel ist viel zu weit unten und zu nah an der Fußraste. Keine Ahnung, ob das so gehört oder ob es den bei einem Unfall verbogen hat. Ich bekomme meine Stiefelspitze jedenfalls nur mit schmerzhaften Verrenkungen darunter. Also habe ich ihn einfach abgenommen und eine Verzahnung weiter oben draufgesteckt. Clever, oder? Leider nicht, denn nun konnte ich nicht mehr hochschalten, weil der Hebel am Zündungsdeckel anschlug. Und zurechtbiegen will ich ihn nicht, denn dann würde er sicher abbrechen. Tja, es bleibt also bei den Verrenkungen.

Schalthebel Honda CM185T

Der Schalthebel ist sehr ungünstig positioniert.

Der Fußbremshebel hingegen sitzt viel zu hoch, deutlich höher als die Fußraste. Auch hier weiß ich nicht, ob vielleicht ein Unfall Schuld ist. Ich muss jedenfalls zum Bremsen den Fuß von der Raste nehmen, was echt Mist ist.

Fußbremshebel Honda CM185T

Der Kickstarter ist auch bescheuert gelöst. Der ragt seitlich relativ weit raus, genau da, wo das Bein ist. Wenn ich den Fuß normal auf die Fußraste stelle, drückt er in den Unterschenkel. Ich muss den Fuß also auf das Fußrastenende stellen. Andere haben das so gelöst, dass das Gelenk des Kickstarters unten und nicht oben sitzt und man den kompletten Hebel ausklappen kann. Honda nicht. Warum auch immer.

Der Seitenständer ist ebenfalls unglaublich. Er ist viel zu kurz und viel zu weit hinten, um ihn in einem Zug ausklappen zu können. Zumindest im Sitzen kann man ihn de facto nicht benutzen. Man muss ihn mit dem Hacken vorziehen, dann den Fuß vorsichtig umsetzen, während man den Ständer unter Druck hält, und ihn dann mit der Fußspitze ganz ausklappen. Oder einfach absteigen und ihn im Stehen ausklappen. Dann kann man aber auch gleich den Hauptständer nehmen. Eine völlige Fehlkonstruktion.

A propos Hauptständer: Der hohe und breite Lenker macht es sehr schwierig, das Moped auf den Hauptständer zu ziehen. Man bräuchte einen Griff seitlich am Rahmen, um es aufzubocken. So wie es das bei vielen Motorrädern gibt. Hier gibt es sowas aber nicht. Man kann natürlich am Sitz oder am Soziusgurt ziehen. Aber da ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich verbiegt oder abreißt. Katastrophe.

Honda CM185T

Wo ich gerade beim Thema Katastrophe bin: Der Motor. Also der Scheibenwischer an meinem Auto hat mehr Durchzug. 😉 Klar, mit 17 PS und knapp 200 Kubik reißt man keine Bäume aus. Aber was da rauskommt, ist schon traurig. Zumal der Motor gefühlt die Hälfte seiner Leistung in Vibrationen und Dröhnen umsetzt. Ach ja, das zu langsame Abtouren habe ich auch noch nicht in den Griff bekommen. Ich habe mich einfach daran gewöhnt. 😉

Und damit sind wir auch schon beim Tacho: Ich war echt beeindruckt, dass ich mit etwas Anlauf ca. 125 km/h erreicht habe. Aber die Ernüchterung folgte recht flott: Mein Navi, der alte Spielverderber, kam an der gleichen Stelle mittels GPS-Messung nur auf 102 km/h. Und die sind erfahrungsgemäß eher wohlwollend gemessen. Realistisch hat der Lügen-Tacho also eine Abweichung von ca. 20% und das Moped schafft keine 100.

Honda CM185T

Wenn die Honda schon nicht richtig beschleunigen kann, kann sie dann wenigstens verzögern? Ja und nein. Die Bremsen sind lächerlich, aber da die Honda  relativ leicht und auch nicht sehr schnell ist, reichen sie eigentlich aus. Problematisch ist aber, dass sie (wie schon geschrieben) kaum zu dosieren sind. Einen Druckpunkt gibt es nicht. Ob man den Hebel nur antippt oder voll durchzieht, macht keinen spürbaren Unterschied. Insofern ist es schon fast wieder positiv, dass die Bremsen unterdimensioniert sind. Denn so kann (vorne) nichts blockieren. Man kann also in bester ABS-Manier voll zupacken. 😉

Noch ein Wort zum Fahrwerk: Bei bestimmten Geschwindigkeiten und auf bestimmten Straßen fängt das ganze Gefährt an, rhythmisch  zu hüpfen. Ich weiß nicht, ob das Fahrwerk einfach so mies ist, dass selbst kleine Bodenwellen es zum Aufschaukeln bringen. Oder ob die 10 Jahre alten Reifen einen Standschaden haben. Wahrscheinlich beides.

Thema Elektrik: Die kleine Honda hat 6 Volt Bordspannung, ein paar Baujahre später wurde dann auf 12V umgerüstet. Zu recht, denn 6V sind einfach Mist. Egal welchen Schalter ich drücke, die Elektrik gönnt sich immer erst eine Gedenksekunde. Bei den Blinkern ist es besondern faszinierend: Erst fängt die Kontrollleuchte an zu blinken, dann der Blinker vorne, dann der Blinker hinten. Am Ende blinken alle 3 asynchron. Ich habe keine Ahnung, wie das physikalisch überhaupt möglich ist. Und dabei ist die Verkabelung eigentlich in Topzustand! Kontakte und Fassungen sehen größtenteils aus wie neu und die Verkabelung rund um die Batterie habe ich komplett erneuert. Ich vermute, dass die Kabel selbst schuld sind. Denn überall wo ich etwas repariert habe, war das Kupfer unter der Isolierung schwarz oxidiert.

Und noch ein Problem ergibt sich aus den 6 Volt: Ich kann keine USB-Steckdose, kein Navi, keine Heizgriffe und kein Heizvisier anschließen. Darauf hätte ich eigentlich vorher kommen können, habe es aber nicht bedacht. Mein Fehler. Für längere Fahrten kann ich mir vielleicht eine 12V-Batterie in die Seitentasche packen. 😉

Honda CM185T

Aus der Position sieht sie fast aus wie ein Motorrad. 😉

Zurück zum Thema Blinker: Irgendwo ist noch der Kupferwurm drin, aber ich finde ihn einfach nicht. Manchmal gehen die Blinker wunderbar. Und dann von einer Sekunde auf die nächste nicht mehr. Dann glimmt die Kontrollleuchte 1-2 Mal und dann passiert gar nichts mehr. Ich bekomme es einfach nicht eingegrenzt. Manchmal denke ich, es liegt am laufenden Motor, denn mit ausgeschaltetem Motor gehen die Blinker ganz gut. Aber auch nicht immer. Den Schalter habe ich schon zerlegt, die Blinker auch. Auch im Lampentopf habe ich alles durchgemessen. Vielleicht ist es irgendwo ein versteckter Kabelbruch oder Kurzschluss, aber egal an welchem Kabelstrang ich rüttele, es lässt sich einfach nicht eingrenzen. Ärgerlich.

Dann ist da noch die Sache mit dem Windschild. Eigentlich mag ich sowas gar nicht, aber im Winter nervt der eiskalte Wind auf der Brust enorm, deshalb wollte ich es mal probieren. Ein gebrauchtes Universal-Windschild bekommt man für knapp 20 Euro, also los. Das Ergebnis ist so naja. Der Körper wird wirklich sehr gut vor Wind und Kälte geschützt, dafür leitet es den Wind jetzt direkt auf den Helm. Fahren mit offenem Visier ist nur bis Tempo 30 möglich, ab da knattert der Fahrtwind richtig laut und nervig gegen den Kopf. Für den Winter okay, aber im Sommer kommt das wackelige Ding wieder ab.

Honda CM185T

Was noch? Naja, der Auspuff. Es gab die CM mit kurzen und mit langen Endtöpfen. Ich habe beide Versionen hier. Die langen waren montiert, haben aber durch mehrere Rostlöcher gepustet. Also wollte ich die kurzen montieren. Der eine davon war bereits geflickt (am tiefsten Punkt, wo sich im Stand das Regenwasser sammelt), den anderen musste ich noch flicken. Das sieht nicht schön aus, aber bei dem Moped ist Schönheit Nebensache. Und solange der Auspuff ein paar Winter dicht bleibt, bin ich zufrieden.

Oben der vom Vorbesitzer geflickte Auspuff, den unten habe ich geschweißt.

Nur leider ist mir dann beim Einbau plötzlich der Schalldämpfereinsatz auf die Füße gefallen. Der ist weggefault, der Endtopf ist innen komplett leer! Egal, ich habe ihn wieder reingeschweißt. 😉

Honda CM185T Auspuff

Das war mal ein Schalldämpfereinsatz inklusive Prallblech.

Bei der Montage ist mir dann noch aufgefallen, dass die unterschiedlichen Auspüffe unterschiedliche Befestigungen haben und mir natürlich ein solches Blech fehlt. Dazu noch andere Schrauben, Gewinde etc. Alles ein Riesenmurks, den ich dann etwas “kreativ” gelöst habe. Das Ergebnis ist sicher nicht so, wie die Herren in Hamamatsu sich das gedacht haben, aber es hält. 😉 Und das Wichtigste: Der Motor läuft mit den kurzen Töpfen einwandfrei und sogar noch leiser als mit den langen. Passt.

Was gibt es sonst noch zu meckern? Naja, das Zündschloss könnte eine Abdeckung vertragen, das friert nämlich bei Minusgraden zuverlässig zu. Ebenso wie die Spiegel. Aber das kann ich der Honda kaum vorwerfen.

Ach ja, Spiegel: Ich habe mich gewundert, warum sich die Spiegel ständig verstellen. Bis mir aufgefallen ist, dass sich nicht die Spiegel verstellen, sondern die kompletten Griffarmaturen auf dem Lenker verdrehen. Die haben nämlich keine Verdrehsicherung. Das habe ich bei einem japanischen Motorrad auch noch nicht erlebt. Ich habe die Schrauben jetzt richtig fest angezogen, nun verdreht sich nichts mehr.

Noch was zu Kupplung und Getriebe. Die Kupplung hat wie die Bremse keinerlei Druckpunkt. Feinfühliges Ein- oder Auskuppeln geht nicht. Gekuppelt wird digital und zügig: Auf – zu – fertig. Und ich weiß nicht, ob das ein Vorteil des Getriebes ist oder ob sich da ein kapitaler Schaden anbahnt: Egal in welchem Lastzustand und bei welche Drehzahl man schaltet, es geht immer butterweich und geräuschlos. Faszinierend. Ich vermute, die Kupplung ist einfach kaputt. 😉

Honda CM185T

Wo Schatten ist, ist immer auch Licht. Wenigstens ein bisschen.

Der Fairness halber muss ich auch ein bisschen Lob aussprechen:

Der Sitz ist wirklich wunderbar bequem. Auf dem könnte man sicher den ganzen Tag sitzen. Wenn die Sitzposition nicht so miserabel wäre. 😉

Und in Anbetracht der unzuverlässigen 6V-Elektrik überrascht mich der Anlasser jedes Mal wieder: Der leistet sich keine Schwächen und zieht den Motor selbst im eiskalten Zustand sofort und kräftig durch. Nun gut, bei 2x knapp 100 Kubik ist das auch keine Meisterleistung. Aber ich kenne andere, die sich selbst mit 12V mehr anstrengen müssen.

Und generell das Anlassen: Bei über 5°C springt der Motor auch ohne Choke sofort an. Sofort.Und nimmt schon nach wenigen Sekunden sauber Gas an. Beeindruckend. Bei Minusgraden braucht es dann doch den Choke und dann verschluckt sich der Motor häufig ein paar Mal. Aber ein echtes Problem gab es mit dem Starten noch nie.

Honda CM185T

Und nun? Alles Mist?

Ja, das Motorrad ist wirklich schrecklich. Das Fahren macht keinen Spaß, es ist unpraktisch, hässlich und voller versteckter und offensichtlicher Mängel. Und ich musste schon deutlich mehr Zeit und Geld investieren, als ich eigentlich wollte.

Aber die Honda fährt, und das absolut zuverlässig. Und billig ist sie obendrein: 16 Euro Kfz-Steuer, 16,50 Euro Versicherung und beim TÜV spart man sich sogar die Abgasuntersuchung. Macht Fixkosten von ca. 50 Euro im Jahr! Also billiger als viele 50er-Roller. Mit dem Sprit geht sie ebenfalls sehr sparsam um.

Das einzige echte Problem sind die Blinker, die ich dringend hinbekommen muss. Alles andere ist (im Rahmen der geplanten Nutzung) irgendwie zu verschmerzen. Zumal: dass das Ding so eine Katastrophe ist, sorgt dafür, dass es mir nicht ans Herz wachsen wird. Ich kann es also guten Gewissens verheizen. Klingt wie der Anfang einer wunderbaren Hassliebe. 😉

 

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3 Gedanken zu „Honda CM185T – die fahrende Katastrophe

  1. Guten Morgen Martin,
    du wirst bei deinen Blinkern, wie schon richtig erkannt, zu viel Verlustleistung auf den Kabel haben. Da wird jeder Übergang, jeder cm Kabel außerhalb der Tolleranz liegen und die summe sorgt dafür, dass die BLK mit ihrer kleinen Leistung noch 6V bekommt, die vorderen Blinker wegen ihrer Kurzen kabel zum Schalter aber ihrer großen Leistung vllt noch 5V und der lange Weg nach hinten lassen noch 4V ankommen. (Werte frei ausgedacht)
    Mir wurde es bei meiner S50 einmal zu bunt mit 6V und der Blinkerkrankheit. Ich habe mir einen DC-DC-Wandler gekauft diesen auf 12V justiert und dann einen elektronischen Blinkgeber und 12V LED-Blinker installiert. Wenn es dir auf originalität nicht ankommt, dann bau die ran. Ich weiß du hast auch schon einmal LED Glühobst probiert)
    Vorteil bei mir war: Der gleiche Regler ist alle mal in der Lage ein USB-Gerät zu laden. Ich habe mir also noch eine Steckdose installieren können und hatte zumindest fürs Telefon immer eine Versorgung bereit.
    Griffheizung ist ganz klar nicht möglich in der Konfiguration. Da hilft nur selbst wickeln aus Heizdraht. Gewünschte Leistung bestimmen, Widerstandsdraht in passender Länge ermitteln und dann drauf los wickeln. Gibt wohl auch Fahrer die in der Form Visiere beheizen? Welche Leistung hat die kleine LiMa eigentlich?

  2. Ja ich kenn diese Probleme genau. An meiner Nimbus Baujahr 1948 ist das ABS, besonders das Kurven-ABS eine echte Katastrophe. Außerdem funktioniert die Bluetooth-Verbindung zu meinem Smartphone auch nicht. Obwohl ich an allen Schaltern gedreht habe, könnte ich weder Sitzheizung, Griffheizung, noch die Klimaanlage aktivieren. Spass beiseite: wenn ich lese, dass Du den Seitenständer nicht im Sitzen ausklappen kannst, den Usb-Anschluss für das Navi vermisst, dich über Fahrwerk, Bremsen, Leistung etc. beklagst, frag ich mich: WARUM KAUFST DU DIR DANN EINE 200er Honda AUS ENDE DER 70ER???????????????????? Versuchs vielleicht besser mit einem Elektroroller oder einer BMW C1

    • Hallo Classic Racer,
      Danke für Deinen Kommentar! Wenn Du Dich hier umschaust, wirst Du sehen, dass ich aktuell ausschließlich Motorräder aus den 60ern und 70ern fahre. Keines davon hat ABS, Kurven-ABS, Bluetooth, Sitzheizung, Griffheizung oder Klimaanlage. Und wenn Du den Beitrag zur Honda nochmal liest, fällt Dir vielleicht auf, dass ich an ihr nichts von den genannten vermisse. Wie kommst Du überhaupt darauf? 😉
      Was ich tatsächlich vermisse, sind ein Fahrwerk, Bremsen und Leistung auf dem Niveau, das man bei einem günstigen 70er-Jahre Motorrad erwarten kann und zB bei einer MZ aus den 60ern findet.
      Sei’s drum, die Honda hat einen neuen Besitzer und ist für mich deshalb kein Thema mehr.
      Viel Spaß mit Deiner Nimbus!
      Martin

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