Bislang hielt ich die Frage, ob man den Helm beim Bezahlen an der Tankstelle abnimmt, für ziemlich nebensächlich. Aber dann habe ich gleich mehrere, sehr emotional geführte Diskussionen mitbekommen und wurde wiederholt persönlich angesprochen. Deshalb hier mein Senf dazu:
Worum geht’s überhaupt?
An so ziemlich jeder Tanke findet sich ein Hinweis, dass beim Bezahlen der Motorradhelm abgenommen werden soll. Der Grund ist naheliegend: Tankstellen werden hin und wieder überfallen. Aufgrund der großzügig verteilten Überwachungskameras sind die Täter meist maskiert. Und deshalb geht manchem Angstellten der Puls durch die Decke, wenn ein “vermummter” Motorradfahrer den Laden betritt – es könnte ja ein Räuber sein. Als rücksichtsvoller Mensch will man natürlich niemanden unnötig in Angst versetzen und nimmt deshalb vorher brav den Helm ab. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt.
Soweit die Theorie.
Ja, aber …
In der Praxis gibt es aber, zumindest für mich, einige gute Gründe, warum ich den Helm trotzdem nicht immer abnehme. Und das auch für vertretbar halte.
Der erste Grund ist schon fast albern: Auf meinen Oldtimern habe ich oft nur Jet- bzw. Halbschalenhelme auf. Die Sonnenbrille setze ich beim Bezahlen sowieso ab, mein Gesicht ist also komplett sichtbar. Man sollte meinen, dass ich damit genau das mache, was sich die Angestellten wünschen. Trotzdem wurde ich in einer solchen Situation schon vom Tankstellenpersonal angesprochen. Auf meine überraschte und völlig ernstgemeinte Frage, ob das ein Witz sei, habe ich keine Antwort bekommen.
Aber auch den Integralhelm lasse ich manchmal auf. Weil es mitunter ein ziemlicher Aufwand ist, Brille, Bart, Pferdeschwanz und Halstuch aus dem Helm zu popeln und danach wieder so reinzustopfen, das alles an seinem Platz ist. Vor allem in der kalten Jahreszeit, wo man gerne richtig winddicht verpackt ist. Mit klammen Fingern gehen da schnell ein paar Minuten drauf.
Den Aufwand erspare ich mir gerne, wenn die Gesamtsituation es zulässt. Wenn es hell ist und die Tankstelle voller Kunden zum Beispiel. Dann ist das Risiko eines Überfalls ohnehin gering. Um den Tankwart nicht erst in Angst zu versetzen, gehe ich dann mit gezücktem Geldbeutel an die Kasse, halte Bargeld oder EC-Karte schon demonstrativ in der Hand und grüße überfreundlich. Meine Logik besagt dabei: Wer beim Betreten des Ladens mit einem 50-Euro-Schein wedelt, kann kein schlechter Mensch sein. Tankstellenräuber wedeln eher mit anderen Dingen. Trotzdem wurde ich auch in so einer Situation schon auf das Helmverbot hingewiesen.
Und nun?
Meine Meinung: Wenn ein Tankwart einen Helmträger trotz sichtbaren Gesichts oder offensichtlich friedlicher Absichten nicht bedienen will, kann er das natürlich tun. Hausrecht und so. Völlig okay. Aber ebenso ist es mein gutes Recht, in Zukunft eine andere Tanke anzufahren. Die Auswahl ist ja zum Glück groß genug.
Jop, so sehe ich das auch. So lange man zu sieht die Leute nicht in Angst und Schrecken zu versetzen und Nachts nicht mit verspiegelten Visier in die Tankstelle einmarschiert ist alles im grünen Bereich.