Mein über 50 Jahre altes MZ-Gespann bewegt sich eigentlich immer am Limit. Auf dieser Tour habe ich es aber wirklich übertrieben. Und auch der Spaß kannte keine Grenzen. 😉
(Entgegen meiner letzten Ankündigung gibt es nun doch einen ganz kleinen Reisebericht.)
So nah und doch so fern
Eine wirklich weite Reise war es nicht, die meine Kinder und ich geplant hatten: Ziemlich genau 50 km Landstraße einfach. Das schafft man mit einem flotten Motorrad problemlos in einer halben Stunde, wenn man will. Bei uns waren es am Ende fast 2, obwohl wir ohne Pausen und Pannen durchgefahren sind. Gefühlt war es noch viel länger. 😉
Warum? Weil wir das lange Fronleichnams-Wochenende für einen Campingausflug ins Saaletal nutzen wollten, und zu dritt benötigt man dafür viel Gepäck. Natürlich hätte das auch ins Auto gepasst, aber wir wollten lieber Motorrad fahren. Was bietet sich dafür besser an, als ein Lastengespann mit Anhänger? Viel Platz, wenig Leistung. 😉
Wobei die erste Hürde das Packen war: 2 Zelte, 5 Isomatten, 3 Schlafsäcke, 2 Packsäcke mit Klamotten, 2 Kisten mit Essen und Trinken, die große Campingtasche, ein Campingtisch und 3 Klappstühle, eine große Kiste Feuerholz, der Gaskocher, die Werkzeugkiste, 10 Liter Sprit im Kanister … hab ich was vergessen? Bestimmt. Jedenfalls hat allein des Packen und Verzurren fast eine Stunde gedauert, wovon 20 Minuten auf das Suchen des Hausschlüssels entfielen, der sich ganz unten im Beiwagen versteckt hatte.
Das Abenteuer beginnt!
Dann ging es endlich los: Von Würzburg immer auf der B27 nach Nordwesten. Mittwoch Nachmittag herrschte wenig Verkehr, und der “Stau” hinter uns war selten länger als zwei oder drei Autos. Die Bundesstraße verläuft topfeben und sehr gerade entlang des Mains und bietet selbst für ein altes MZ-Gespann wenig Herausforderungen. Die erlaubten 60 km/h schaffte der kleine Motor relativ problemlos, wenn auch nur mit viel Anlauf. Zwischenzeitlich standen auch mal 70 auf dem Tacho, das Drehzahlniveau war trotzdem sehr entspannt. Genau wie die Autofahrer hinter uns, die auf der breiten und gut einsehbaren Bundesstraße problemlos überholen konnten.
In Karlstadt war es dann aber vorbei mit der Entspannung. Da verlässt die B27 nämlich das Maintal und führt durch etwas hügeligere Landschaft. Die erste Steigung aus dem Ort heraus haben wir noch mit knappen 50 km/h geschafft. Naja, eher 40. An der nächsten musste ich dann sogar in den zweiten Gang schalten und wir zuckelten mit 30 den Berg hinauf, während der Motor sich die Seele aus dem Leib schrie. Entspanntes Reisen geht anders. 🙂
Dementsprechend wurde die Schlange hinter uns auch langsam länger. Trotzdem waren die Autofahrer sehr geduldig. Und wenn mal einer beim Überholen gehupt hat, dann nur, um den erhobenen Daumen zu unterstreichen.
Die Sympathien waren also auf unserer Seite. Das hebt vielleicht die Moral, aber nicht die PS-Zahlen. Ein paar Mal habe ich instinktiv zum Benzinhahn gegriffen, weil ich dachte, der Sprit sei alle. War er aber nicht, es fehlte einfach nur völlig an Motorleistung und Vorschub. 😉
Kurz vor unserem Ziel wartete dann noch eine Strecke mit starkem Gefälle und mehreren scharfen Serpentinen auf uns. Für andere Motorradfahrer ein Traum, mir hat es aber die Schweißperlen auf die Stirn getrieben, denn hier zeigte sich der nächste Schwachpunkt der MZ: Die Bremsen. Sie verfügt über drei Simplexbremsen mit 160 mm Durchmesser. Die bremsen schon ohne Anhänger und mit leerem Beiwagen nicht so richtig toll.
Jetzt rollten aber ca. 600 kg Richtung Tal und die Tachonadel zitterte auf die 80 zu. Ein beherzter Griff/Tritt in die Bremse brachte keine spürbare Änderung. Zum Glück war es fast ein Kilometer bis zum nächsten Ortsschild, so dass ich ganz langsam und mit Abkühl-Pausen auf 50 runterbremsen konnte. Insofern alles gut, aber Reserven für eine Gefahrbremsung wären definitiv nicht mehr vorhanden gewesen. Bremsen am Limit.
Vor Ort stand dann erstmal Schrauben an: Die Scheinwerferbirne war durchgebrannt und eine Halteschraube von der Anhängerkupplung hatte sich etwas gelöst.
Die Zeit vor Ort war übrigens traumhaft: Planschen in der Saale, Wandern, eine Kanutour und entspanntes Zeltplatzleben bei herrlichstem Sommerwetter. Genau das, was wir uns erhofft hatten. Einziger Wermutstropfen war, dass wir wegen der Waldbrandgefahr auf Lagerfeuer und Marshmallow-Grillen verzichten mussten. Die MZ durfte das Feuerholz also wieder zurück nach Hause ziehen.
Die Rückfahrt bot übrigens keine großen Überraschungen. Nur die Erkenntnis, dass selbst geringer Gegenwind nochmal 10 km/h Reisegeschwindigkeit kosten kann. Zum Glück hatten wir es nicht eilig. 😉
Mein Fazit: Alltagstauglich ist diese Art der Fortbewegung nicht. Aber schön.