Der Traktor ist fertig! (Vorerst)

Der kleine graue Traktor ist fertig! Alle Probefahrten waren ein voller Erfolg. Es stehen zwar noch ein paar Optimierungen an, aber die eigentliche Restaurierung ist hiermit abgeschlossen. 😉

Obwohl es sicher eine meiner umfangreichsten Restaurierungen war, ging es vergleichsweise schnell. Keine 2 Monate hat es gedauert. Dabei waren die Arbeiten deutlich aufwändiger als geplant und in Vieles musste ich mich erst einarbeiten. Ich bin ein bisschen stolz. 😉


1. Die Motorhaube

Die Motorhaube hatte ich mir für den Schluss aufgehoben. Die alte wollte ich nicht wiederverwenden. Erstens sah sie ziemlich billig zusammengezimmert aus, deutlich “lumpiger” als der Rest. Zweitens hat sie nichtmal gut funktioniert: Die Halterung vom Schiebeschild hatte das Gitter vorne eingedrückt und für die Funktion als “Luftleitbleich” war sie eigentlich zu klein, weil sie den Motor kaum umhüllte.

Also habe ich eine neue angefertigt. Ca. 5 cm höher (bzw. weiter nach unten gehend), damit sie besser zur Geltung kommt. Außerdem 5 cm länger nach hinten, um den Motor besser zu umhüllen und so für eine bessere und gleichmäßigere Kühlung zu sorgen.

Als erstes habe ich mir einen 30×3 mm-Flachstahl um eine 16″-MZ-Felge gebogen (man nimmt halt, was man gerade zur Hand hat), was einen Durchmesser von ca. 41 cm ergibt.

Der Flachstahl wird mithilfe einer stabilen Felge zu einem verlängerten Halbkreis gebogen und bildet damit die Grundlage für alle weiteren Formen.

Danach kam unten ein Winkelstahl ran und fertig war die Grundform. Damit der “Kühlergrill” außenrum etwas massiver aussieht, habe ich einen 8 mm-Rundstahl passend hineingeschweißt und vorne flach abgeschliffen. Anschließend kamen ebenfalls 8 mm-Rundstähle als Streben für das “Schutzgitter” zum Einsatz. Ich habe die mit jeweils 3 cm Abstand platziert (also 2,4 cm lichte Weite), was meines Erachtens ein guter Kompromiss zwischen “man kann nicht reinfassen” und “man sieht aber noch was” ist.

Der fertige Kühlergrill, allerdings noch ohne Befestigung und Haube.

Ich habe mir einen kleinen optischen Gag erlaubt und oben einen “Kühlerdeckel” draufgeschraubt. Es handelt sich dabei um den alten Tankdeckel, der eine passende Unterkonstruktion bekommen hat. Er hat zwar keine Funktion, ist aber ein Hingucker und bietet einen schönen Abschluss nach oben.

Erste Anprobe: Sitzt, hat genug Abstand zum Lüfter und sieht gut aus!

Als nächstes mussten zwei stabile Halter zum Rahmen und eine Abstützung nach unten angefertigt werden. Als alles in Position war, wurde das Blech passend zugeschnitten, eingesetzt und festgepunktet und zum Schluss alles schwarz bzw. grau lackiert.

Die schwarze Farbe habe ich aufgesprüht, die graue passend zum Rest bewusst “unsauber” gepinselt.

Im direkten Vergleich sieht man schön die Unterschiede zwischen alter und neuer Haube. Ich finde die neue ist optisch deutlich ansprechender, macht was her, ist aber auch nicht übertrieben.

Links die neue, rechts die alte Haube.

Nachdem die Farbe trocken war, habe ich hinten am Blech noch Kantenschutzband angebracht.

Die fertige Haube. Auf der linken Seite musste ich den Ausschnitt für den Krümmer etwas größer machen.

Leider ist mir erst am Schluss aufgefallen, dass die größere Haube auch die Zündkerze verdeckt. Den abgewinkelten Kerzenstecker bekomme ich problemlos rauf und wieder runter, aber die Kerze rausschrauben wird schwierig. Sollte sich herausstellen, dass ich die Zündkerze öfter rausschrauben muss, werde ich vielleicht noch ein Loch reinbohren, aber vorerst lasse ich es so. Muss man halt 3 Schrauben lösen und die Motorhaube abnehmen, wenn man an die Kerze will. 😉

Die Zündkerze ist nicht mehr zugänglich. Dafür ist hier direkt neben dem Motor ein schöner Platz für das Typenschild vom EMW-Motor.


2. Logo

Für die Motorhaube habe ich mir noch etwas überlegt. Ich hatte nämlich in den letzten Tagen sehr viele Besucher, die den Traktor bewundert haben. Als erstes wurde fast immer gefragt “Was ist das denn für ein Fabrikat?” Dann musste ich erstmal ausholen und erklären, dass es ein DDR-Eigenbau ist und aus welchen Teilen er besteht.

Meine Idee ist, dass er einen Namen braucht. Keinen Spitznamen, sondern eine Marke. Eine, die für Klarheit sorgt. Oder für noch mehr Fragen. 😉

Und dabei ist mir eingefallen, dass er ja bereits einen Namen hat. Der steht sogar im Fahrzeugbrief als Hersteller: “Hobrack”. Eigenbauten werden stets nach ihrem Erbauer benannt, und der heißt in diesem Fall Richard Hobrack. Ein schöner Name. Nicht alltäglich und passt auch gut zu einem Traktor.

Also habe ich ein Logo entworfen. Ich habe mich grob an den Logos von Trabant, Wartburg und Schwalbe orientiert, es aber passend zu den 60er Jahren etwas schwungvoller und verspielter gestaltet. So sieht der aktuelle Entwurf aus:

Ich bin mir noch unsicher, ob ich es dabei belasse. Oder ob ich noch eine Modellbezeichnung ergänze. Sowas wie “Hobrack R35” (wegen des Motors) oder “Hobrack Typ 69” (wegen des Baujahres).

Wenn ich mich entschieden habe, kommt das Logo auf beiden Seiten auf die Motorhaube. Entweder aus Klebefolie oder sogar als 3D-Druck. Mal sehen.

Eigentlich hatte ich auch noch die Idee, die Logos aller Hersteller anzubringen, die in dem Traktor vereinigt sind: BMW, EMW, GAZ, Horch, IWL, Mazda, Multicar, MZ, Opel, Simson … Aber ich glaube, das wird zu viel.


3. Elektrik

Und dann stand noch die Verkabelung an. Eine Kleinigkeit, sollte man meinen. Am Ende waren es aber deutlich mehr Kabel als gedacht: 2 Scheinwerfer, 4 Blinker, 4 Positionsleuchten, 1 Arbeitsleuchte, 1 Hupe und die entsprechenden Schalter. Fast alles davon musste auch noch an die Steckdose der Anhängerkupplung. Dann noch solche “Spielereien” wie ein umschaltbares Voltmeter für das 6 V- und das 12 V-Netz, eine Ladekontrollleuchte, fest installierte Buchsen für das Ladegerät, etc.

All das natürlich “sauber” verkabelt mit Bougierrohr, Durchführungsgummis, Kabelschellen und einem vernünftigen Sicherungskasten, die Kabel allesamt sicher und gut versteckt verlegt.

Für die meisten Kabel war aber die Warnblinkfunktion zuständig. So etwas kenne ich von den Motorrädern gar nicht und war überrascht, wie aufwändig das ist. Ich dachte, man löst das einfach mit 2 Schaltern und 2 Dioden. Da auch passende Kontrolleuchten Pflicht sind, habe ich aber auf ein fertiges Set zurückgegriffen. Das hat die Sache nur unwesentlich einfacher gemacht: zwischen Blinkschalter, Warnblinkschalter, Blinkgeber und den Blinkern werden grob geschätzt 30 Kabel verlegt! Am Ende ging der Deckel vom “Armaturenbrett” gar nicht mehr zu. 🙂

Zu allem Überdruss habe ich kurz vor Schluss noch den Griff vom Warnblinkschalter abgebrochen und muss nun auf einen neuen warten. 🙁

Das Armaturenbrett. Ich habe es aus dem alten Werkzeugkasten des Traktors angefertigt. Es ist gummigelagert auf dem Kotflügel montiert und lässt sich bei Bedarf aufklappen.

Die Scheinwerfereinsätze musste ich kurzfristig auch noch neu kaufen. Die vorhandenen waren nicht nur unterschiedlich verblichen, sondern grundsätzlich unterschiedlich. In einem war eine H4-Birne mit 45 Watt, im anderen eine S2-Birne mit 35 Watt. Da Simson-Reflektoren passen und diese erstaunlich günstig sind (ca. 18 Euro pro Stück inkl. Fassung), habe ich nicht lange überlegt. Jetzt sind beide gleich und machen auch gutes Licht.


4. Die Probefahrten

Als die Elektrik fertig war, konnte ich nicht länger warten und habe die erste Probefahrt gemacht.

Das Ankicken war ein Kraftakt und eine Geduldsprobe, weil der Motor durch mein Rumprobieren mit Tupfer, Handgas und Zündverstellung abgesoffen war. Zudem ist der Kickstarter nur schlecht erreichbar und man kann ihn nicht ganz durchtreten. Man balanciert also auf den Zehenspitzen des linken Fußes und versucht mit den Zehenspitzen des rechten Fußes den Kickstarter zu treten, ohne dabei vom Traktor zu fallen. Gefühlt 1000 Mal. Schwierig. 😉

Die allererste Probefahrt (noch ohne Motorhaube): Stolz wie Bolle steht der Kleine im Dreck. Es sollte noch viel mehr Dreck auf ihn warten.

Aber irgendwann lief er dann und ging auch nicht mehr aus. Also bin ich auf direktem Weg zum ersten Feldweg gefahren, nur um dort zu merken, dass der durch mehrere Tage Dauerregen zu einer Schlammpiste geworden ist. Der nagelneue und blitzsaubere Traktor hat sich zwar ohne Murren durch den Modder gewühlt, sah danach aber aus wie … naja, das kann man sich ja vorstellen. Ich durfte also erstmal gründlich putzen. 🙂

Einmal putzen bitte!

Einen Tag später habe ich dann eine zweite, etwas weitere Probefahrt gemacht (knapp 4 km), diesmal ohne nennenswerte Schlammbäder. Davon gibt es auch ein Video, in dem man einen Eindruck vom Fahren bekommen und ein paar Details vom Traktor sehen kann.

Was sind die Erfahrungen aus den beiden Probefahrten?

Der Traktor fährt sich sehr ungewohnt, auch wegen der ungewöhnlichen Bedienung und des niedrigen Tempos. Man kann die Drehzahl des Motors kaum verändern, allenfalls den Klang. 😉 Im ersten Gang anfahren und sich dann langsam durch die Gänge schalten klappt nicht, weil er bei jedem Gangwechsel stehen bleibt. Angefahren wird im 3. Gang, Geradeausgefahren wird im 4. Alles anderes ist nur für ganz steile Berge oder zum Rangieren in Zeitlupe. Das geht so langsam, dass man beim Rückwärtsfahren quasi absteigen kann, um nachzuschauen, wie viel Platz noch ist, um dann wieder aufzusteigen und rechtzeitig zu bremsen. 😉

Auch das Überqueren von Straßen ist ein Abenteuer. Man muss sich nicht fragen “schaffe ich es noch vor dem Auto da?”. Nein, sobald ein Auto zu sehen ist, egal wie weit weg es ist, schafft man es nicht. Selbst bei Radfahrern am Horizont muss man sich schon fragen, ob man es riskieren will. 😉

Das ganze Drumherum aus Geräuschen und Vibrationen ist sehr ungewohnt. Das Fahrwerk ist starr, nur der Sitz hat eine Federung. Man sitzt also sehr bequem, spürt aber trotzdem ALLES, was am Traktor und außenrum passiert. Manches davon kann ich noch nicht ganz einordnen und weiß deshalb nicht, ob mir das Sorgen machen sollte. Ich vermute, dass die Antriebskette und das Bodenblech als Resonanzkörper dafür verantwortlich sind, wenn es plötzlich laut brummt und dröhnt. Als Ergänzung “pfeift” der Luftfilter manchmal vor sich hin und der Auspuff bollert trotz dB-Eater sehr kernig den Takt dazu. Interessant.

Wenn man das alles mal wegdenkt, bleibt aber ein sehr solides Fahrverhalten übrig: Der Traktor fährt sehr gutmütig und berechenbar vor sich hin und man muss kaum eingreifen. Man kann auch kaum, denn er ist wirklich seeeeehr langsam.


5. Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 6 km/h?

Womit wir schon wieder beim Thema Geschwindigkeit sind. Im Video wirkt der Traktor relativ flott, fast Fahrradtempo. Das täuscht aber. Tatsächlich kann man zu Fuß mit ihm Schritt halten, ohne rennen zu müssen. Aber man muss zügig gehen.

Fährt er also tatsächlich nur die berühmten 6 km/h, die die Grenze zwischen zulassungsfrei und zulassungspflichtig darstellen?

In den Fahrzeugpapieren ist eine Höchstgeschwindigkeit von 9 km/h angegeben. Ich glaube, wenn man ihn auf ebener Straße wirklich komplett ausdreht, dann könnte er das mit Anlauf schaffen. Vielleicht. Gemessen habe ich es nicht. Es fühlt sich aber nicht gut an, den Motor so hoch zu drehen.

Wenn man ihn in einem “gesunden” Drehzahlbereich bewegt, fährt er nur minimal schneller als Schritttempo. Vielleicht 7 km/h, bergab vielleicht auch 8. Und das nur auf Asphalt (wo ich ohnehin kaum fahren werde), auf dem Feldweg sind es weniger.

Ich habe deshalb beschlossen, diese minimale Überschreitung der 6 km/h als Messtoleranz zu bewerten. Es wäre Unsinn den Traktor in “vorauseilendem Gehorsam” mit großem technischen Aufwand noch weiter zu drosseln und am Ende mit 4 km/h durch die Gegend zu kriechen.

(Ich werde das noch mal per GPS prüfen, verspreche mir aber nicht viel davon. So niedrigen Geschwindigkeiten lassen sich kaum fehlerfrei messen.)


6. Fazit

Die ganze Restaurierung hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, obwohl (oder weil?) sie mal wieder völlig eskaliert ist. Bis auf die Getriebe, das Kurbelgehäuse des Motors und das Differential habe ich alles wirklich bis zur letzten Schraube zerlegt, aufgearbeitet und ggf. lackiert. Vieles habe ich umgebaut, verbessert oder komplett neu gebaut.

Mein Ziel war es, den Traktor in altem Glanz auferstehen zu lassen. Technisch fit und optisch ansprechend. Keine chromglänzende “Bling-Bling”-Überrestaurierung. Aber auch keine “schnell-drübergepinselt”-Pfuschaktion. Rustikaler Nutzfahrzeug-Charme, einfache und zuverlässig funktionierende Technik. Mit all den Mängeln und teils originellen, teils skurrilen Lösungen, die ein Traktor nun mal besitzt, der von Hand aus einem Haufen Schrott zusammengezimmert wurde. Dem man aber auch ansieht, dass sein Erbauer viel Liebe reingesteckt hat und – zu recht – stolz auf sein Werk ist.

Ich hoffe, das ist mir gelungen.

Ein Traktor wie aus einem alten Disney-Film. Gleich zwinkert er, hupt fröhlich und stößt ein paar Rauchwölkchen aus. 😉

Der Traktor funktioniert (soweit ich das im Moment beurteilen kann) tadellos und sieht einfach unglaublich süß aus. In den letzten Tagen war gefühlt das halbe Dorf an meiner Scheune und hat das Ergebnis bestaunt und bewundert. Alle, egal welchen Alters und Geschlechts, waren hellauf begeistert. Genau wie ich.

Und dieser Klang! Einfach himmlich! Eines der wenigen Fahrzeug, in denen ein Viertakter wirklich besser passt als ein Zweitakter. 😉


7. Wie geht es weiter?

Es stehen noch ein paar “Gimmicks” an. Trittbretter an den Seiten, ein Kanisterhalter, Aufbewahrungsmöglichkeiten, evtl. ein “Notsitz” auf dem Kotflügel, etc. Und das schon genannte Logo. Außerdem muss natürlich auch der Anhänger und das Schiebeschild aufgearbeitet werden. Das hat aber alles Zeit.

Wie ich den Traktor am Ende nutze, wird sich zeigen. Es sind kleine Ausflüge mit den Kindern geplant ( “Traktor-Picknicks”), Holz aus dem Wald holen, vielleicht mal Schneeschieben, wenn kein Streusalz auf den Straßen ist. Man wird sehen.

Zum Abschluss noch mal das Video von der Probefahrt, für alle, die sich auch in den kleinen Trecker verlieben wollen: https://youtu.be/fq0AYFlru_Q

 

 

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