Okay, eine richtige Jungfernfahrt war es für die E(T)S eigentlich nicht. Aber unmittelbar nach Getriebeschaden, Motortausch und einer gebrochenen Kickstarterfeder hat es sich so angefühlt. Die erste mehrtägige Tour startete mit einem unguten Bauchgefühl, war am Ende aber ein echtes Erlebnis.
Eine Fahrt ins Ungewisse
Seit der Restaurierung meines E(T)S-Gespanns bin ich dieses Jahr ungefähr 500 km gefahren. Nicht ganz problemlos, denn nach einem überraschenden Getriebeschaden und Motortausch brach am regenerierten Motor ebenso überraschend die Kickstarterfeder. Und dabei stand doch die erste mehrtägige Tour an!
Die Feder war relativ schnell getauscht, aber das ungute Gefühl blieb: Was, wenn das erst der Anfang war und noch weitere Schäden folgen? Was, wenn ich beim Tausch etwas falsch gemacht habe?
Viel Zeit zum Testen blieb nicht. Immerhin konnte ich eine kleine Tour nach Wertheim und zurück machen (ca. 100 km), auf der keine Probleme auftauchten.
(Abgesehen davon, dass sich während der Fahrt eine Wespe unter meinem Helmgurt verfangen und mir in den Hals gestochen hat. Schon der zweite Wespenstich innerhalb einer Woche, nachdem sich wenige Tage vorher eine beim Fahren in meinem T-Shirt verfangen und mir in den Bauch gestochen hatte. Langsam nervt es.)
Vater-Sohn-Kurzurlaub am Bleilochstausee
Eine Woche Urlaub lag vor mir. Geplant war eine Fahrt zu meinen Eltern ins Fichtelgebirge und von dort mit meinem jüngeren Sohn weiter zum Zelten. Der ältere sollte während dieser Zeit bei den Großeltern bleiben. Die beiden Jungs verstehen sich zwar sehr gut, aber sind auch mal froh, wenn sie Papa oder Oma ein paar Tage ganz für sich haben. Auf der Rückfahrt dann wieder durchs Fichtelgebirge, den Großen abholen, und zurück nach Würzburg.
Für das Zelten haben wir uns spontan Thüringen ausgesucht, genauer gesagt das Thüringer Schiefergebirge rund um den Bleilochstausee. Dort waren wir noch nie, es ist nicht weit weg und bietet genug touristische Infrastruktur, damit es einem nicht langweilig wird.
Tag 1 – Entspannte Anreise bei mäßigem Wetter
Da die beiden Jungs schon bei den Großeltern auf mich warteten, konnte ich die Anreise ins Fichtelgebirge alleine antreten. Mein Handy hatte ich am Lenker befestigt und überließ Calimoto die Navigation, was abgesehen von ein paar Sperrungen auch wunderbar geklappt hat. Es war wenig Verkehr und ich konnte den neu regenerierten Motor stressfrei einfahren. Mein Reisetempo lag bei 80, maximal 85 km/h.
Bei Staffelstein türmten sich dunkle Gewitterwolken und die Temperatur fiel merklich. Also raus aus der Sommerkleidung und rein in Jeans und Lederjacke. Zum Glück erwischte mich am Ende nur ein kurzer Schauer.
In Münchberg nutzte ich die Gelegenheit und tankte den großen ETS-Tank voll. Das Ergebnis: Ca. 7 Liter Benzin (plus Öl) hatte sich der durstige BVF-Vergaser auf 100 km gegönnt. Das ist nicht wahnsinnig viel, aber bei so moderatem Tempo würde mein anderes Gespann mit seinem Bing-Vergaser mindestens einen Liter weniger verbrauchen. Das werde ich im Auge behalten.
Nach knapp 4 Stunden war ich tiefenentspannt am Ziel. Die MZ hatte ihre erste Etappe problemlos gemeistert. 🙂
Tag 2 – Schlechtwetter-Pause
Da das Wetter am nächsten Tag noch unbeständiger war, blieben wir noch bei den Großeltern und machten nur einen kurzen Einkaufsbummel.
Dabei fiel mir auf, dass auf der linken Motorseite Öl tropfte. Es suppte ganz leicht aus dem Kupplungseinstelldeckel. Vor dem Tausch der Kickstarterfeder war alles trocken. Wahrscheinlich hatte die Dichtung den mehrfachen Ein- und Ausbau nicht überstanden.
Tag 3 – Auf nach Thüringen
Am dritten Tag ging es dann aber endlich gen Norden. Eigentlich gibt es nicht viel zu erzählen, denn mit knapp 60 km war die Fahrt nicht lang. Mein Sohn ist (wie immer) relativ schnell eingeschlafen, so dass ich mich auf das Fahren konzentrieren konnte.
Dabei ist mir aufgefallen, dass das Fahrwerk noch nicht ganz optimal ist. Während mein Lastengespann sehr weich und komfortabel gefedert ist, fährt die E(T)S eher straff und sportlich. Auf gutem Asphalt ist das ganz wunderbar: Das Gespann fährt sich sehr direkt und präzise und der breite Lenker gibt genaue Rückmeldung über die Beschaffenheit der Straße.
Aber sobald die Straße uneben wird, zeigen sich die Schattenseiten einer straffen Federung: Der Lenker fängt an zu schlagen und das Vorderrad hüpft über Schlaglöcher und verliert den Bodenkontakt. Vor allem in Kurven ist das sehr unangenehm. Dazu kommt, dass die vordere Bremse anscheinend ein bisschen unrund ist und leicht rubbelt. Nicht dramatisch, aber wenn das Rad ohnehin schon bockt, bringt das natürlich noch mehr Unruhe rein. Eine Vollbremsung auf welligem Asphalt ist heikel. Ich werde testen, ob weichere Federn das Problem lösen.
Nach ca. zwei Stunden waren wir schließlich am Stausee angekommen und konnten unser Zelt aufschlagen.
Tag 4 & 5 – Touristenprogramm
Die nächsten zwei Tage haben wir das volle Touristenprogramm durchgezogen. Staumauer, Bootsfahrt, Kletterwald, Eis essen, Wandern etc.
Zwischendurch haben wir noch einen Abstecher nach Schleiz gemacht. Dort habe ich in der MZ- und Simsonwerkstatt von Wolfgang Oelsner eine neue Dichtung und eine Flasche Getriebeöl gekauft. Auf dem Zeltplatz habe ich die Dichtung dann zusammen mit meinem Sohn getauscht – ab da blieb der Motor trocken. So soll es sein.
Einen Ausflug zu den Feengrotten bei Saalfeld haben wir auf Wunsch meines Sohnes auch noch gemacht. Mir war es recht, schließlich gab es auf dem Weg dorthin viele wunderschöne Kurven rund um den Hohenwarte-Stausee zu entdecken.
Außerdem haben wir uns eine Stunde ein kleines Boot mit Elektromotor gegönnt. Eine ausgesprochen interessante Erfahrung: Erstens habe ich noch nie ein Motorboot gesteuert. Zweitens ist das Ding so lahm, dass einem sogar die Tretboote davon fahren. Danach fühlt sich ein MZ-Gespann doppelt so schnell an. 😉
Tag 6 – Zurück ins Fichtelgebirge
Am sechsten Tag haben wir ausgiebig gefrühstückt und konnten uns dabei von allen Wespen des Campingplatzes verabschieden. Es waren nicht wenige. 😉 Mit dem fertig gepackten Gespann haben wir noch dem Saalburger Märchenwald einen Besuch abgestattet und sind dann aufgebrochen.
Diesmal führte uns das Navi nicht durch Wälder sondern über endlose Felder zurück nach Oberfranken. Auch schön! Dafür dass Thüringen so klein ist, ist es landschaftlich ganz schön vielfältig.
Kurz vor dem Ziel hatte ich dann noch mal Kontakt mit der heimischen Fauna: Eine Biene hat sich in meinen Helm verirrt und mir in die Schläfe gestochen. 2 Wespen- und 1 Bienenstich in knapp 2 Wochen! So viele waren es in den 10 Jahren zuvor nicht insgesamt. Ich hoffe, das wird jetzt kein Dauerzustand.
Bei den Großeltern haben wir dann den Urlaub ausklingen lassen.
Tag 7 – Zu dritt nach Würzburg
Der letzte Tag begann mit der Herausforderung, das ganze Gepäck auf dem Gespann zu befestigen. Auf und unter der Beiwagenhaube, im und auf dem Kofferraum und ganz hinten dran noch ein Rollkoffer auf dem Gepäckträger. Das sah abenteuerlich aus, ließ sich aber überraschend gut fahren.
Mit gemütlichem Tempo und vielen Pausen ging es zurück nach Würzburg. Den beiden Jungs hat es Spaß gemacht, auch wenn es ziemlich heiß war und sich etwas hingezogen hat.
Fazit
Alles in allem war unser kleiner Kurzurlaub in Thüringen nicht sonderlich spektakulär, aber trotzdem sehr schön. Wir haben viel erlebt und die restaurierte MZ hat uns dabei immer zuverlässig zur Seite gestanden. Ein richtig tolles Familienmotorrad.