Wintersport auf 3 Rädern

Eigentlich erspare ich meinen Motorrädern das Fahren in Schnee und Salz seit einigen Jahren. Diesen Winter habe ich mich aber mal wieder in die Kälte gewagt … und viel Spaß gehabt.


Es ist noch nicht lange her, da war mein Gespann auch im Winter mein Alltagsfahrzeug. Aber das Streusalz lässt ein altes Motorrad so schnell rosten und vergammeln, dass man mit dem Reparieren gar nicht mehr hinterherkommt. Bei nur wenigen Fahrten lohnt sich das einfach nicht. Und ein Auto ist bei Minusgraden auch irgendwie gemütlicher, selbst wenn man sich für einen harten Hund hält. 😉 Insofern ist die Winterfahrerei in den letzten Jahren die absolute Ausnahme geworden.

Aber anscheinend komme ich langsam in die Mid-Life-Crisis, denn ich sehne mich nach mehr Abenteuer im Alltag. Zu Weihnachten habe ich mir spontan einen relativ guten aber noch bezahlbaren Winterschlafsack (Alexika Aleut) gekauft und damit auch schon ein paar Mal im Freien übernachtet. Ganz minimalistisch mit Tarp und ohne viel Ausrüstung, mal zu Fuß, mal mit dem Motorrad.

Um nicht in Schlamm und Schnee stecken zu bleiben, habe ich deshalb die alten Stollenreifen rausgekramt und aufgezogen. Auch die Lenkerstulpen waren schnell montiert. Der eine hatte offensichtlich in der Zwischenzeit einer Mäusefamilie als Heim gedient, aber wer braucht schon ein Innenfutter? 😉

Als ich seinerzeit die ETS gekauft habe, gab es eine selbstgebastelte Schneekette dazu, die augenscheinlich noch nie zum Einsatz gekommen war. Ich habe sie mal testweise aufgezogen. So richtig überzeugt sie mich nicht, weil sie zu viel Spiel hat und ständig überall klappert und schleift. Wahrscheinlich bekäme man sie mit einem Seil oder Kabelbindern noch etwas strammer fixiert. Aber in Kombination mit Stollenreifen macht eine Schneekette ohnehin nicht viel Sinn, weil sie im Profil verschwindet und dadurch eher das Gegenteil bewirkt. Außerdem bräuchte ich eigentlich noch eine für das Vorderrad. Und ob eine ungehärtete Schneekette überhaupt lange durchhält? Egal, sie nimmt nicht viel Platz weg, insofern darf sie gerne über den Winter im Beiwagen mitfahren. Denn was man dabei hat, braucht man erfahrungsgemäß eh nie. 😉

So habe ich diesen Winter die eine oder andere Spritztour gemacht, die aber selten länger als ein paar Kilometer war: in den Wald zum Holzmachen, in den nächsten Ort zum Einkaufen, zum Campen ins Grüne – äh, Weiße. So weit, so unspektakulär.


Auf zum Wintertreffen!

Aber wenigstens eine “richtige” Tour wollte ich schon noch machen. Deshalb habe ich mich sehr auf das “Puristentreffen” gefreut, das ich schon zweimal besucht habe. Die letzten 3 Jahre hat es leider nicht geklappt und auch diesmal wäre es fast gescheitert. Am Ende hat es immerhin für eine Nacht gereicht.

Samstag Mittag gingt es bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen knapp unter 0°C los. Da ich möglichst schnell ankommen wollte, bin ich den Hinweg über die Autobahn gefahren und war angenehm überrascht, wie flott die MZ unterwegs war. Fast die ganze Zeit standen realistische 110 km/h auf dem Tacho und ich konnte einen LKW nach dem anderen überholen.

Der Thermoboy Winterkombi hat mich dabei relativ warm gehalten und auch die Füße haben dank Gummiüberziehern bis zum Ziel nicht gefroren. Nur an den Fingern wurde es irgendwann trotz Lenkerstulpen und Bundeswehr-Fäustlingen kalt. Ein paar dünne Unterhandschuhe hätten sicher schon geholfen.

Knapp 200 km und schätzungsweise 3 Stunden später war ich am Ziel. Irgendwo mitten im Wald auf der Schwäbischen Alb hatte sich die bunte Truppe versammelt. Der Altersdurchschnitt war bei Teilnehmern und Fahrzeugen relativ hoch und die Stimmung super! Nette Leute, ein wärmendes Lagerfeuer, ein paar kalte Biere – was braucht man mehr? Also habe ich schnell mein Zelt auf der überfrorenen Wiese aufgeschlagen und mich dazugesellt.

Ist das nicht herrlich? Ein bisschen Schnee wäre auch schön gewesen, aber ich will nicht meckern. 😉

Viel altes und exotisches Eisen, das man eher selten auf winterlichen Straßen sieht.

Der Abend verging bei vielen lustigen Gesprächen wie im Flug und der eine oder andere Underberg (pfui Teufel!) sorgte für einen tiefen Schlaf. Ich musste nachts auch nur einmal raus. 😉

Über Nacht war die Temperatur auf schätzungsweise 7-8 Minusgrade gefallen, was immerhin ausreichte, damit meine Wasserflasche im Zelt eingefroren ist. Mein Schlafsack hat mich trotzdem wunderbar warm gehalten, obwohl ich nur in langer Unterwäsche geschlafen habe. Mein Tipp: Ein dünner Innenschlafsack aus Fleece bringt das entscheidende Quentchen “Kuscheligkeit” und sorgt dafür, dass sich der Schlafsack beim Reinlegen sofort warm anfühlt.

Das Motorrad war morgens zwar nicht eingeschneit, aber immerhin mit Raureif überzogen.

Zum Frühstück gab es einen Tee und einen tiefgekühlten Muffin. Danach habe ich einfach den ganzen Campingkram in den Beiwagen geschmissen und mich sofort auf den Rückweg gemacht, um noch so viel morgendliche “Winterstimmung” wie möglich mitzubekommen.

Auf dem Rückweg habe ich auf die Autobahn verzichtet und bin stattdessen über Land gefahren. Eine gute Entscheidung!

Als ich gute 3 Stunden später zuhause angekommen bin, waren die Felder und Wälder immer noch “überzuckert” und ich tüchtig durchgefroren. Dazu kam, dass ich mittlerweile ziemlich verspannt war. Mein voll beladener Beiwagen zieht leicht nach rechts, was auf Kurzstrecken nicht weiter stört. Bei langen Fahrten geht das aber gewaltig auf die Oberarme und den Rücken. Insofern war ich ganz froh, als ich endlich absteigen und unter die warme Dusche springen konnte.

Danach habe ich das Motorrad noch ausgiebig mit dem Hochdruckreiniger bearbeitet, um möglichst alles Streusalz abzuspülen.

400 km bei knapp unter Null sind sicher keine Heldentat. Aber es war ein ganz wunderbarer Kurzurlaub vom Alltagstrott. Man sollte viel öfter die Komfortzone verlassen.:)

PS: Danke an Achim und Marianne für die Gastfreundschaft!

 

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