…will ich ein Kind werden. Beziehungsweise bleiben. – Ich glaube, das muss ich jetzt erklären.
Als Kind träumt man davon, was man alles machen kann, wenn man groß ist. All diese Möglichkeiten! Und was macht man, wenn man erwachsen ist? Man geht arbeiten, zahlt Rechnungen, schließt Verträge, übernimmt Verantwortung – und denkt in den wenigen ruhigen Minuten mit Wehmut daran, wie unbeschwert es war, ein Kind zu sein.
Was hat das jetzt mit diesem Blog und dem Thema Motorrad zu tun?
Sehr viel. Denn gerade beim Fahren von Motorrädern ist da plötzlich wieder diese kindische Freude an den einfachen Dingen, die man im Alltag so schnell aus den Augen verliert. Das Gefühl von Freiheit, das Spiel mit der Physik, auch ein gewisses Maß von Anarchie.
Das gilt für alte Motorräder mehr als für neue. Mit der Bandit zu fahren, bereitet mir auch viel Freude. Aber aufgrund der hohen Geschwindigkeit kann ich mich dieser Freude nur bedingt hingeben, sondern muss immer einen kühlen Kopf bewahren. Auf dem MZ-Gespann sind die Risiken hingegen viel überschaubarer und man kann sich mehr Freiheiten und Albernheiten erlauben. Vor allem im Stadtverkehr, wo die Geschwindigkeit nochmal geringer ist.
Da verzichte ich z. B. gerne auf Sicherheitskleidung und fahre in kurzen Hosen und T-Shirt. Einfach, weil das Fahren so viel direkter ist. Es macht einen großen Unterschied, ob man die Welt durch einen dicken Filter aus Leder, Kunststoff und Pinlockvisier wahrnimmt. Oder ob man das Motorradfahren wortwörtlich hautnah erlebt – der Wind im Bart, die Hitze des Motors an den Beinen, die Sonne auf der Haut. Selbst wenn einem dann gelegentlich eine Hummel sehr schmerzhaft ins Gesicht knallt oder sich der Regen wie 1000 Nadelstiche anfühlt. Das gehört für mich einfach dazu. Dass das gefährlicher ist, ist mir klar, halte ich aber in diesem Rahmen für kalkulierbar.
Ich fahre auf dem Gespann auch gerne etwas spontaner und “kreativer” als mit anderen Fahrzeugen. Ich finde es beispielsweise sauwitzig, mit dem Gespann auf zwei Rädern zu fahren, also mit dem Beiwagen in der Luft.
Mein Sohn findet das genau so toll. Er schreit dann immer “Ich fliege!”
Wenn man das ein längeres Stück macht, wird es noch besser: Dann wird das Beiwagenrad nämlich in der Luft langsamer und quietscht beim Aufsetzen laut. Ähnlich wie die Räder eines Flugzeugs beim Landen.
“Hier spricht der Kapitän. Wir setzen jetzt zur Landung an. Bitte schnallen Sie sich an und bringen die Sitze in eine aufrechte Position.” – QUIETSCH!
Da könnte ich mich jedesmal totlachen. 🙂
Ja, das ist kindisch und albern. Aber es macht Spaß und ist dabei völlig harmlos. Also warum nicht? Wer auf solche Späße verzichtet, nur weil er erwachsen ist, ist selbst schuld.
Ein anderes Beispiel: Die Umweltbilanz meines Motorrades ist deutlich besser, als man von so einem “alten Zweitakt-Stinker” denkt. Sobald der Motor warm ist, qualmt und stinkt es auch nicht mehr. Aber wenn ich morgens mit kaltem Motor und Choke losfahre, ziehe ich auf den ersten Metern einen sichtbaren Kondensstreifen hinter mir her. Wenn ich dann noch längere Zeit im Leerlauf an einer roten Ampel stehe und das Gemisch dadurch zusätzlich überfettet, dann ergibt das beim Losfahren eine ordentliche Wolke. Das sieht geradezu hollywoodmäßig aus, wenn die Autos hinter mir durch diese “Nebelwand” brechen. Beim Blick in den Rückspiegel muss ich dann immer grinsen.
Jaja, das ist kindisch. Aber wer sich als erwachsener Mann nicht mehr an Qualm und Gestank erfreuen kann, der ist irgendwo im Leben falsch abgebogen.
Ich freu mich jetzt schon auf den Feierabendverkehr. Da werde ich mit durchdrehendem Hinterrad durch den Kreisverkehr driften. Völlig sinnlos, völlig kindisch, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Ein Mann wird nicht erwachsen, die Spielzeuge werden nur größer und teurer.
Schöner Beitrag! Spricht mir aus dem Herzen. 3x Daumen hoch dafür.
Herrlich, DU sprichst mir aus dem Herzen. Und auch mein Fuhrpark besteht aus der GN77B und einem MZ-Gespann. Dazu gesellt sich die AWO aber am schönsten ist es mit dem Moped wie früher durch Wald und Wiese zu donnern……Es sind die kleinen Dinge, welche die größte Freude bereiten!
Stimmt, im Gelände schlägt sich so eine leichte MZ erstaunlich gut! Auch gerne im Winter bei Schnee und Eis. Ein paar Hanfseile um die Räder und schon fährt man so mancher Großenduro davon. Ich muss dringend mal wieder meine Stollenräder montieren. 🙂