Ich hab an der kleinen US-Italienerin ein bisschen geputzt, geschrubbt, geschraubt, gestochert und gebohrt. Das Ergebnis ist teilweise überraschend gut, teilweise bitterböse.
Sieht ja gar nicht so schlecht aus
Nachdem ich mit Schwamm, Bürste und Hochdruckreiniger über das Moped hergefallen war, kam viel sehr gute Substanz zum Vorschein. Die Lackpartien, die Kontakt mit dem Sonnenlicht hatten, sind natürlich immer noch komplett ausgeblichen und stumpf. An versteckten Stellen sieht der Lack aber aus wie neu! Kein nennenswerter Rost, kein Gammel, keine schlimmen Kratzer oder Unfallschäden. Eine tolle Basis!

Ich finde es faszinierend, was für eine harte Linie hier zwischen ausgeblichenem und gutem Lack verläuft!
Und auch die Chromteile sind stellenweise top! Der Auspuff sieht bis auf wenige Stellen aus wie neu, der Krümmer ist tadellos und selbst die Felgen besitzen erstaunlich viel guten “Restchrom”. Der Lenker ist ebenfalls in sehr gutem Zustand, Lampenring und Stoßdämpferhülsen haben hingegen einige Schadestellen, die aber nur optisch unschön sind.
Für die Fotos habe ich übrigens eine alte EMW-Hupe (?) und eine MZ-Batterie rangeschraubt. Beide etwas zu groß, aber man kann sich besser vorstellen, wie es mal aussah.
Auch die Elektrik zeigt sich stellenweise in richtig gutem Zustand. Das kann man wahrscheinlich so lassen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten
Jetzt zu den ersten kleinen Schäden, die ich gefunden habe:
Der Schalter für Licht und Hupe (Blinker gibt es nicht) sieht eigentlich toll aus. Leider ist eine Hälfte eines Kunststoffschalters abgebrochen und fehlt. So ein Schalter kostet neu 160 Euro – plus 50 Euro Versand aus Italien. 🙁
Die Aufnahme für den Gaszug ist ausgebrochen. Evtl. kann man da mit Knetmetall was basteln. Oder es sauber abtrennen und eine Hülse draufschrauben.
Am Lichtmaschinendeckel fehlt unten ein Stück. Ich vermute, da ist die Kette gerissen und hat dann das Gehäuse gesprengt. Schade. Aber da man das normalerweise nicht sieht, könnte man es so lassen.
Motor und Vergaser
Nach ein bisschen Zuwendung und Drahtbürse sah der Vergaser fast aus wie neu, innen wie außen. Es fand sich kein Gammel, kein hartnäckiger Dreck. Auch Schwimmer und Düsen sehen top aus. Es fehlt lediglich die Ablassschraube und der Luftfilter.
Auch die Motordeckel, Zylinder und Zylinderdeckel ließen sich mit wenig Aufwand aufhübschen.
Innen ebenfalls überwiegend positive Überraschungen: Der Zylinder hat leichte Rostspuren in der Laufbahn. Wenn man das überhaupt Rost nennen will. Da saß halt der Kolben ein paar Jahrzehnte. Das bekommt man problemlos weggehont – oder lässt es einfach so:
Und auch der Kolben ist noch für viele Kilometer gut! Leichte Blow-by-Spuren am Kolbenbolzen und etwas Dreck am Auslass. Die Kolbenringe waren nicht fest und haben noch gute Spannung. Interessanterweise haben sie keine Pins, können sich also frei drehen.
Die Kurbelwelle dreht sich auch wunderbar leicht und ohne spürbares Spiel. Alles super!
Leider gab es dann aber doch noch eine böse Überraschung. Beim Abnehmen des Lichtmaschinendeckels kam mir eine gute Handvoll Sand entgegen. Es sah zumindest so aus. Vermutlich ist das Alu- oder Zinkoxid.
Und entsprechend mies war dann der Zustand der restlichen Teile unter dem Deckel. Hier sieht man die bereits kräftig gereinigten und eingeölten Komponenten:
Das Polrad ließ sich leicht abziehen, aber bei der Demontage der Grundplatte sind 2 kleine Schrauben abgerissen. Das wird ein Spaß, die aus dem Alugehäuse zu bekommen. 🙁
Das Polrad hat einen leicht angegriffenen Konus und starke Rostnarben auf der Innenseite.
Die Kurbelwelle sieht böse aus. Richtig grober Rost auf der Lauffläche des Unterbrechers. Und noch dazu geht der Rost bis weit unter den Wellendichtring. Ob man das jemals dicht bekommt?
Zuerst sah die Lichtmaschine aus wie ein Streußelkuchen. Nach etwas Ballistol ging es dann eigentlich. Der Unterbrecher ist natürlich Schrott (kostet ca. 20 Euro in Italien). Ob die Spulen und der Kondensator noch gehen, muss man probieren.
Der Tank
Und dann ist da noch der Tank. An dem waren mir gleich beim ersten Abnehmen 2 kleine Löcher aufgefallen. Nachdem ich ihn mit Hochdruckreiniger und Schraubenzieher bearbeitet hatte, taugte er leider nicht einmal mehr als Pastasieb.
Die Unterseite der einen Hälfte hat eine Handvoll kleiner Löcher, die andere ist großflächig zerfressen. Und sogar innen im Tunnel reiht sich auf beiden Seiten ein Loch an das andere. Das ist nicht mit ein paar Schweißpunkten oder ein bisschen Versiegelung zu retten. Würde man den Tank wieder dichtbekommen wollen, müsste man mindestens die unteren 5 cm komplett entfernen und neu bauen. Das übersteigt meine Fähigkeiten deutlich. Würde man das von einem Profi machen lassen, würde es vermutlich eine hohe dreistellige Summe kosten. Mindestens. Und dann wäre auch die Optik des Tanks dahin, denn das überleben Lack und Aufkleber natürlich nicht. Alles Mist.
Einen (optisch) passenden Ersatztank wird man kaum finden. Bei eBay USA finden sich ähnlich grottige Exemplare für mehrere hundert Euro. Das ist keine Verbesserung. Einen anderen Tank anzupassen scheidet für mich auch aus. Gerade der verblichene Lack und die Schriftzüge machen den Tank ja aus. Wenn ich da einen Simson- oder Hondatank draufsetze, ist der Charme dahin.
Die einzige Lösung, die mir einfällt, wäre diese: Ich nehme 1 oder 2 kleine Kunststoffkanister, Edelstahlflaschen oder ähnliches und befestige die im Tank. Dazu müsste ich den natürlich unten oder innen auftrennen. Oder ich verstecke einen Kanister unter der Sitzbank. Da ist viel Platz. Man könnte die Bank sogar ein paar cm höhersetzen, um noch mehr Platz zu schaffen. Natürlich erreiche ich damit nicht das Fassungsvolumen des Originaltanks, aber für ein paar Runden ums Dorf reichen auch 2-3 Liter. Das Betanken wäre natürlich etwas fummelig und den TÜV müsste man vermutlich auch erst überzeugen. Aber immerhin wäre das relativ günstig machbar und – das Wichtigste – die Optik wäre gerettet.
Wie geht es weiter?
Die spannende Frage ist: Was würde das alles kosten?
Man bekommt noch erstaunlich viele Teile original zu kaufen. Griffgummis (120 Euro), Zündschloss (230 Euro), Lichtschalter (160 Euro) … Manches davon kann man sicher auch günstiger lösen. Meine ursprüngliche Schätzung von 200 – 400 Euro ist aber sicher nicht zu halten.
Falls (!) Kurbelwelle, Lichtmaschine, Kolben, Zylinder etc. noch gut sind, dann bekommt man das Moped mit etwas Glück für unter 1000 Euro zum Laufen. Ob man es dann auch durch den TÜV bekommt, steht auf einem anderen Blatt. Und sollte sich auch nur eines der genannten Motorteile als Schrott erweisen, dann kann es schnell noch deutlich teurer werden.
Und dann stellt sich schon die Frage: Ist sie mir das wert? So witzig die kleine Harley ist, wirklich nützlich ist sie für mich nicht. Dann vielleicht doch lieber aufhören, bevor noch mehr Zeit und Geld in der Italienerin verschwindet? Und sie wie ursprünglich geplant als Deko in die Werkstatt stellen?
Andererseits: Sieht dieser Motor nicht einfach toll aus? Wäre es nicht schön, den mal in Aktion zu erleben? Ich muss noch ein paar Nächte darüber schlafen. 😉